Erste Konsequenz: Rammschutz wird Pflicht
BITBURG-PÜRÜM/GEROLSTEIN. Auf Bauern, die einen Gülle-Hochbehälter besitzen, kommt einiges zu: Zwei Unfälle, bei denen Tausende Liter Gülle ausgelaufen waren, verursachen Änderungen in den Baugenehmigungen.
"Für die Lagerung von 50 Liter Heizöl wird jede Menge Bohei gemacht, aber wenn 1,5 Millionen Liter Gülle mitten in der Landschaft stehen, kümmert das keinen", schimpfte ein Feuerwehrmann beim Einsatz auf einem Bauernhof in Büscheich vor sechs Wochen. Mehr als 100 000 Liter Gülle waren durch Fahrlässigkeit ausgelaufen und drohten die Kyll zu verunreinigen. Der Büttenbach wurde vergiftet. Vor zwei Jahren wurden die Gerolsteiner Feuerwehrleute zu einem ähnlichen Einsatz nach Roth gerufen. Damals flossen 80 000 Liter Gülle aus und richteten einen weit größeren Schaden an: Auf fünf Kilometern Länge wurde das ökologische System des Fricks- und Oosbachs zerstört. Wenn Gülle in großen Mengen in Bäche läuft, ist die Feuerwehr fast machtlos. Gülle entzieht dem Wasser augenblicklich jeglichen Sauerstoff und zerstört so jedes Lebewesen. Wehrleiter Ernst Krämer erklärt: "Das Gülle-Wasser-Gemisch können wir nicht aufhalten. Bei Heizöl können wir, weil es oben auf dem Wasser schwimmt, Sperren errichten oder Flächen abstreuen." Bernd Feltges, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Daun, lässt diesen Vergleich nicht gelten: "Gülle ist ein biologisches Produkt, und Heizöl ist chemisch überarbeitet." Er schätzt, dass im Kreis Daun etwa 40 Güllehochbehälter stehen - bei 300 Haupterwerbslandwirten. Im Nachbarkreis Bitburg-Prüm dürften es demnach etwa 150 sein - bei 1100 Vollerwerbslandwirten. Allerdings ist dort kein Unfall mit derartigen Ausmaßen bekannt, wie Alfons Kewes, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Bitburg-Prüm, berichtet. Feltges sagt: "Natürlich sind die Behälter größer geworden, und die Hektik in den Betrieben nimmt zu. Da kann es eher schon mal vorkommen, dass was passiert." Umweltkripo unterstellt Vorsatz
Auch wenn die Umweltkripo den Landwirten in beiden Fällen keinen Vorsatz unterstellt und die Hochbehälter als technisch einwandfrei gelten, wollen die Untere Wasserbehörde und die Verbandsgemeinde Gerolstein Konsequenzen aus den Unfällen ziehen. Klaus Jansen, Fachbereichsleiter Bauen, ist im Gerolsteiner Rathaus für die Baugenehmigungen zuständig. Er erklärt: "Für Güllehochbehälter gilt als Nebenanlage des Gesamtbetriebes das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren." Das heißt, dass keine Bauabnahme vorgenommen wird. "Die Regierung hat mit diesem Verfahren die frühere Verantwortung der Genehmigungsbehörde auf den Bauherrn übertragen", erläutert Jansen. Bauernverbands-Geschäftsführer Feltges: "Die Bauten werden stets von Fachfirmen ausgeführt, und die geltenden Vorschriften sind streng genug." Drainageleitungen würden gelegt und Kontrollschächte sowie Leckanzeiger eingebaut. Allerdings räumt Feltges ein, dass "noch Verbesserungen vorgenommen werden können". Die Untere Wasserbehörde und das Gewerbeaufsichtsamt sind die Fachbehörden, deren Forderungen in die Baugenehmigungen übernommen werden. Vor drei Wochen hat Jansen mit der Unteren Wasserbehörde Kontakt aufgenommen: "Wir wollen die weitere Handhabung im Genehmigungsverfahren erörtern." Als Sofortmaßnahme hat die Untere Wasserbehörde für den Kreis Daun ausgegeben, dass vor den Entnahmestellen, die vor den Hochbehältern stehen, künftig ein Rammschutz angebracht werden muss. Hintergrund: In Büscheich hätte der Unfall so verhindert werden können. Jansen kann sich weitere Auflagen vorstellen, beispielsweise zusätzliche Auffangwannen in Form von wasserdichten Erdwällen. Da aber für künftige Bauten kein Fördergeld mehr bewilligt werden, scheint der zehn Jahre währende Bauboom von Güllehochbehältern gestoppt zu sein. Bleiben die bereits gebauten. Aber auch da kann die Baugenehmigungsbehörde Einfluss nehmen. Jansen: "Der Gewässerschutz ist in der Region von hoher Bedeutung, und wir können auch bei bestehenden Anlagen die technischen Anforderungen nachträglich als Auflage verlangen." sts/rg