Erste Machtprobe im Bitburger Land - SPD will eigenen Kandidaten als ersten Beigeordneten durchsetzen

Bitburg · Schluss mit Friede, Freude, Eierkuchen. Zwar haben Josef Junk (SPD) und Rainer Wirtz (CDU) im Wahlkampf betont, dass derjenige, der bei der Bürgermeisterwahl unterliegt, erster Beigeordneter im Bitburger Land werden soll. Doch die SPD hat andere Pläne. Die Fraktion will einen eigenen Kandidaten auf der Position.

Das ist ein Schlag. Die CDU im Bitburger Land ist baff. Mit dieser Variante hat einfach keiner gerechnet. Allen voran nicht Rainer Wirtz, der als Bürgermeisterkandidat sich mit Josef Junk ein in der Sache oft kontroverses, aber im Umgang immer faires Duell geliefert hat. Mehrfach haben beide Kandidaten betont, dass derjenige von ihnen, der bei der Wahl unterliegt, erster Beigeordneter werden soll. Das wäre, nachdem Junk nun Bürgermeister der neuen Verbandsgemeinde (VG) ist, CDU-Mann Wirtz. Doch so einfach wird es nicht laufen.

Klar ist, dass Wirtz, der bisherige Bürgermeister der VG Kyllburg, hauptamtlicher Beigeordneter im Bitburger Land wird. Heißt: Wirtz wird ein Ressort in der Verwaltung leiten. Doch ob er auch erster Vertreter des Bürgermeisters wird, ist offen. Denn das Landesgesetz über freiwillige Fusionen sieht vor, dass die Beigeordneten von den Ratsmitgliedern (siehe Extra) gewählt werden - und deren Wahl kann, muss aber nicht zwangsläufig auf Wirtz fallen. Schließlich hat die CDU keine absolute Mehrheit.

Hinter den Kulissen gibt es jeden Tag Sitzungen, Telefonate und Mails - innerhalb der Fraktionen, von Fraktion zu Fraktion sowie innerhalb der Kreisverbände der Parteien. Es werden Allianzen geschmiedet, Stimmungen ausgelotet. Die SPD will einen ersten Beigeordneten aus ihren eigenen Reihen durchsetzen.

Wer das sein wird, ist noch ungewiss. Gerd Zillien war im Gespräch, aber auch die Namen Monika Fink und Nico Steinbach sind schon gefallen. Fraktions-Chef Bernd Spindler erklärt: "Unser Ziel ist es, eine Person zum ersten Beigeordneten zu wählen, die von Beginn an die Fusion uneingeschränkt positiv begleitet hat und das Vertrauen des Bürgermeisters genießt." Wirtz, der zunächst für den Erhalt der VG Kyllburg gekämpft hat, passt da für die Genossen nicht ins Bild. Keine leichte Situation für Josef Junk.

"Ich habe immer auf Fragen, ob ich mir vorstellen könne, im Falle meines Wahlsieges mit dem Kollegen Rainer Wirtz als hauptamtlichem Beigeordneten und meinem ersten Vertreter zusammenzuarbeiten, stets geantwortet, dass ich mir das vorstellen könne und dazu auch bereit sei", sagt Junk. Und daran habe sich nichts geändert. Seine Fraktion wiederum will eine Allianz mit Grünen und FWG schmieden, um einen SPD-Beigeordneten aufs Schild zu heben.

Die Grünen können sich laut Ralf Mayeres eine solche Allianz grundsätzlich vorstellen. Die FWG ist nach Angaben von Klaus Schnarrbach in dieser Frage nicht einer Meinung. Eva Gräfin von Westerholt (FDP) sagt: "Ich halte mir das noch offen. Es stehen noch einige Gespräche an." Zwischen den beiden Blocks CDU und SPD/Grüne - angenommen, die Fraktionen würden geschlossen stimmen - werden demnach FWG und FDP das Zünglein an der Waage sein.

Bis zur Beigeordneten-Wahl in der konstituierenden Sitzung am Donnerstag, 17. Juli, ist alles denkbar. Parallel laufen zudem Verhandlungen für den Beigeordneten-Poker auf Kreisebene. Ein Narr, wer meint, das eine hätte mit dem anderen nichts zu tun. Es ist schwer vorstellbar, dass zwei Parteien im Kreistag bei der B-Frage koalieren, dann aber im VG-Rat versuchen, einander gegenseitig ein Bein zu stellen. Und so laufen die Drähte weiter heiß.

Für die CDU hat das Ganze bereits einen kritischen Punkt überschritten. "Unser Fraktionsvorstand hat auch gestern Gespräche geführt und wird in Anbetracht der aktuellen Situation auch in den nächsten Tagen weiterhin intensiv versuchen, konstruktive und lösungsorientierte Gespräche mit den anderen Fraktionen zu führen.
Unabhängig davon prüfen wir darüber hinaus die rechtlichen Möglichkeiten, die sich zur Klärung der Situation anbieten", sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Thomas Etteldorf. Wer zwischen den Zeilen liest, ahnt: Bei den Christdemokraten ist Schluss mit lustig.

Das gilt auch für Rainer Wirtz. Er, der nach der Wahl sich als fairer, kooperationsbereiter Verlierer gezeigt hat, sagt reichlich konsterniert: "Ich bin davon ausgegangen, den Bürgermeister auch als erster Beigeordneter fachlich zu beraten und zu unterstützen. Zu meinem großen Erstaunen muss ich feststellen, dass es von einigen Fraktionen nun gegenteilige Bestrebungen gibt. Ich habe weiterhin das Vertrauen, dass das Wort von Josef Junk auch nach der Wahl gilt." Ob dieses Wort gilt, das hat nun nicht mehr Junk in der Hand.

Meinung

Brunnenvergifter am WerkVon Damian Schwickerath

Es gibt Dinge, die will man im ersten Moment einfach nicht glauben. Dazu gehört, dass die SPD im Bitburger Land gemeinsam mit einigen Helfershelfern wie den Grünen und der FWG dabei ist, mutwillig politisches Porzellan zu zerdeppern.

Was da gerade in Sachen Beigeordnetenwahl abläuft, ist ein Stück aus dem Tollhaus. Es ist völlig unerheblich, ob es juristisch möglich ist, den hauptamtlichen Beigeordneten Rainer Wirtz kaltzustellen. Gute Demokraten tun so etwas einfach nicht. Auch wenn sie es mit einer Mehrheit durch den Rat prügeln können. Das ist nicht nur schlechter politischer Stil und eine grobe Missachtung des Wählerwillens. Das ist vor allem für die neue Verbandsgemeinde Bitburger Land politischer Selbstmord mit Ansage.

Ist es den Sozis und ihren Hilfstruppen wirklich egal, ob sie aus purem Machttrieb heraus die politische Stimmung auf Jahre hin vergiften? Eine Stimmung, die in der alten VG Bitburg-Land von einem fairen und für alle Beteiligten gedeihlichen Miteinander geprägt war. Sehenden Auges und ohne jede Not würden die bisherigen Kyllburger Chaos-Verhältnisse der letzten Jahre - mit allen negativen Begleiterscheinungen und Dauerzoff zwischen den Fraktionen - das Klima im neuen Rat vergiften. Die Folgen: Misstrauen und permanenter Streit, wo gerade jetzt Gemeinsamkeit gefragt wäre. Denn es stehen für dieses neue Gebilde aus 72 Dörfern schwierige Zeiten bevor mit vielen Entscheidungen, bei denen Grundvertrauen, Offenheit und ein fairer Umgang miteinander nötig wären, um ein Wir-Gefühl wachsen zu lassen. Das alles scheint manchen Spezialdemokraten vollkommen egal zu sein. Ihnen geht es um eine Demonstration der Macht, um Spaltung statt Gemeinsamkeit. Verlieren werden bei diesem miesen Spiel am Ende alle, am meisten die Bürger im Bitburger Land.
d.schwickerath@volksfreund.de

Extra: Sie wählen die Beigeordneten


Der Rat der neuen Verbandsgemeinde Bitburger Land besteht aus 36 Mitgliedern in fünf Fraktionen:

CDU (15 Mandate): Thomas Etteldorf, Bernhard Klein, Matthias Francois, Leo Hülpes, Peter Schwickerath, Anja Esch, Herbert Mohnen, Christof Dillenburg, Udo Brück, Hermann Schilz, Martha Scholtes, Arnold Kootz, Josef Eppers, Rudolf Hau und Birgit Näckel.

SPD (zwölf Mandate): Nico Steinbach, Monika Fink, Gerd Zillien, Bernd Spindler, Hans-Jürgen Holbach, Josef Wallscheid, Dieter Lichter, Wolfgang Schnarrbach, Reinhard Becker, Olaf Böhmer, Daniela Harvey-Blum und Peter Baumann.

FWG (fünf Mandate): Klaus Schnarrbach, Johannes Junk, Edgar Peter Comes, Edeltrud Hilden, Reinhard Meyer.

Bündnis90/Die Grünen (drei Mandate): Ralf Mayeres, Carsten Lenz, Manfred Schwickerath.

FDP (ein Mandat): Eva Gräfin von Westerholt. red

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