Es geht nur über die Realschule plus

Speicher · Dass die Menschen in und um Speicher am Erhalt ihres Schulzentrums sehr interessiert sind, wurde am Freitag in der Aula der Einrichtung erneut deutlich. Rund 100 Zuschauer sind zur Podiumsdiskussion gekommen, bei der sich Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Schulaufsicht und Elternschaft mit der Zukunft der Schule befasst haben.

Speicher. Wolfgang Elsen ist enttäuscht. Der Unternehmer aus Speicher hätte es sich gewünscht, dass auch ein Verantwortlicher aus Mainz an der Podiumsdiskussion teilnimmt, um so Rede und Antwort stehen zu können, für das, was in der Landeshauptstadt entschieden und beschlossen wird.
Doch Mainz ist nicht vertreten. Und deshalb muss Klaus-Günter Süssmann mehr oder weniger alleine den Kopf herhalten. Süssmann ist Abteilungsleiter des Fachbereichs Schulen bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier und als solcher dafür zuständig, dass vor Ort die Vorgaben des Landes eingehalten werden.
Erhalt des Schulzentrums


Vor Ort, das ist im konkreten Fall das Schulzentrum Speicher, in dessen Aula sich an diesem Abend rund 100 Menschen zusammengefunden haben, um die Gesprächsrunde zur Zukunft ihrer Schule zu verfolgen.
Neben Elsen und Süssmann nehmen an der von TV-Redakteur Dieter Lintz moderierten Diskussionsrunde auch Landrat Joachim Streit, Reiner Schladweiler (Vorsitzender des Regionalen Elternbeirats Trier) Günter Schneider (erster Beigeordneter der VG Speicher) sowie Hans-Albert Kalisch, Vorsitzender der Bürgerinitiative für ein innovatives inklusives Schulzentrum (IGS) in Speicher, teil. Und bis auf Süssmann sind alle Teilnehmer der Gesprächsrunde einer Meinung: Das Schulzentrum Speicher muss erhalten bleiben. Und damit es eine Zukunft hat, ist die Einrichtung einer Integrativen Gesamtschule (IGS) mit gymnasialem Zweig unausweichlich.
Streit erklärt, dass sich der Kreis "einstimmig für die Einrichtung einer IGS" ausgesprochen habe und dass im Bereich der Schulen nicht gespart werde. Elsen verweist auf 250 Unternehmer aus Speicher und Umgebung, die ebenfalls für den Erhalt der Schule kämpften und auch mit der Lehreinrichtung kooperieren wollten, zum Beispiel in Form berufsorientierter Angebote. Und für Schladweiler wäre es sowohl "aus schulpolitischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht unverantwortlich", das Schulzentrum Speicher hängen zu lassen.
Und Süssmann? Nun, er ist sozusagen die Schnittstelle zwischen den Bedürfnissen und Sorgen auf der einen Seite und den leidenschaftslosen Landesvorgaben auf der anderen Seite.
Zwar findet auch er das Engagement für den Erhalt der Schule beachtlich, doch wer sich an diesem Abend Zugeständnisse vom ADD-Vertreter erhofft, ist fehl am Platz. "Man kann über vieles reden", sagt er, "aber was wir letztlich brauchen, sind Zahlen."
51 Schüler müssten für das kommende Schuljahr mindestens angemeldet werden, damit die Realschule plus überhaupt eingerichtet werden könne, betont er, Und die Realschule plus sei zwingende Voraussetzung für eine spätere Einrichtung der von Speicher gewünschten IGS (siehe Extra).
Kalisch, Vorsitzender der Bürgerinitiative, würde auf diesen Umweg über die Realschule plus gerne verzichten. Doch weiß auch er, dass daran nichts zu ändern ist. "Wir müssen es schaffen, dass die Realschule plus gefüllt wird", sagt er und zeigt sich zuversichtlich, diese Vorgabe auch zu erreichen.
Schließlich gebe es im Einzugsbereich der Schule pro Jahr ungefähr 140 bis 160 Grundschulabgänger, erklärt er. "Es muss nur noch aus den Köpfen der Leute, dass man seine Kinder nicht nach Bitburg schicken muss."
Extra

Am 31. Juli 2013 läuft für Speicher die Frist ab. Bis dahin muss es dem Schulzentrum gelingen, 51 Anmeldungen für das kommende Schuljahr zusammenzubekommen. Das Erreichen dieser Mindestzahl an Neuanmeldungen ist notwendig, damit aus der derzeitigen Haupt- und Realschule eine Realschule plus werden kann. Die Einrichtung einer Realschule plus ist der einzige Weg zum Erhalt des Schulstandorts, weil die Hauptschulen in Rheinland-Pfalz abgeschafft werden. Dass für die Einrichtung einer Realschule plus mindestens 51 Schüler benötigt werden, liegt daran, dass die Schulform mindestens dreizügig sein muss. Bei maximal 25 Schülern pro Klasse würde die Anmeldung von 51 Schülern also zwangsläufig die Einrichtung von drei Klassen zur Folge haben. uheExtra

Für die Einrichtung einer IGS mit gymnasialem Zweig ist gemäß einer im vergangenen Jahr geänderten Landesvorgabe zunächst der mindestens zweijährige Betrieb einer Realschule plus notwendig. Sollte Speicher also im kommenden Schuljahr mit einer Realschule plus starten, so könnte die gewünschte und dann zu beantragende IGS frühestens zum Schuljahr 2015/2016 eingerichtet werden. Im Gegensatz zur Realschule plus liegt bei der IGS die maximale Klassengröße bei 30 Schülern. Und weil eine IGS mit mindestens vier Klassen pro Jahrgang starten muss, wären dann 91 Anmeldungen nötig, wobei laut ADD auch mindestens 30 Prozent der Schüler eine Gymnasialempfehlung haben müssen. uheExtra

Michael Ludwig, ehemaliger Lehrer und Mitglied der Bürgerinitiative: "Wir brauchen hier eine IGS, damit der Schulstandort leben kann. Solange die Option nicht da ist, werden die Eltern mit den Füßen abstimmen." Rainer Fickel, Lehrer des Schulzentrums: "Wir machen hier eine hervorragende soziale Arbeit und haben hier ein ganz tolles Klima." Alfred Konrad, Mitglied des Stadtrats : "Es gibt einen handwerklichen Fehler: Eine Realschule plus muss eingerichtet werden, und ihre Schüler können sich dann später nicht an der IGS anmelden. Das kann doch nicht sein." Christa Spieles, Leiterin der Grundschule Preist: "Kinder mit Gymnasialempfehlung stehen unter einem enormen Druck und wenn es bei den Bewerbungsgesprächen dann nicht klappt, das ist doch frustrierend."

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