Es kommt doch auf die Größe an: Warum der Eifeler Landrat keine Plakate in der Kreisstadt aufhängen darf

Bitburg · Überall wirbt Joachim Streit für seine Kandidatur um den Chefposten im Kreishaus – nur nicht in der Kreisstadt. Die Stadtverwaltung Bitburg hat ihm keine Genehmigung erteilt.

 Was in Prüm geht, geht in Bitburg noch lange nicht: In der Abteistadt hängen jedenfalls die Wahlplakate von Joachim Streit. Im Hintergrund das Prümer Wahrzeichen, die St. Salvator Basilika.

Was in Prüm geht, geht in Bitburg noch lange nicht: In der Abteistadt hängen jedenfalls die Wahlplakate von Joachim Streit. Im Hintergrund das Prümer Wahrzeichen, die St. Salvator Basilika.

Foto: Fritz-Peter Linden

Manche Sachen sind einfach zu groß gedacht, als das sie so einfach möglich wären. Und manchmal war die Größe noch nicht mal bewusst gewollt, sondern hat sich halt so entwickelt. Ändert aber nichts daran, dass eben nicht alles so groß sein darf, wie es will oder sich gerade so ergeben hat. Bei Wahlplakaten jedenfalls gelten Vorschriften. Gleiche Chance für alle.

Mehr zum Thema: Plakate des Bitburger Bürgermeisters erfüllen nicht die Vorgaben

Inzwischen hängen sie auch alle da. Die Parteien, die die Politik im Bundestag mitgestalten wollen, die Direktkandidaten und in Bitburg, Prüm und Arzfeld natürlich auch die Bewerber für das Bürgermeisteramt - ob Aloysius Söhngen (CDU, Prüm), Andreas Kruppert (CDU, Arzfeld) oder in Bitburg Joachim Kandels (CDU) und Herausforderer Ralf Olk (parteilos). Die Kreisstadt ist zugepflastert mit Plakaten. Nur einer fehlt: Landrat Joachim Streit.

Dabei hat er doch extra einen ganzen Stoß Plakate drucken lassen. Das Bild mit den Stapeln in seiner Garage war in der Zeitung. Anfang August, als feststand, dass es keinen Herausforderer geben wird, der es mit dem Amtsinhaber aufnimmt. War auch nicht zu erwarten. Immerhin wurde Streit 2009 mit 75 Prozent der Stimmen ins Amt gewählt. Geht er nun davon aus, dass er sich Werbung in der Kreisstadt schenken kann? Oder haben ihm am Ende die Plakate einfach nicht mehr gefallen?

Anruf beim Kollegen in Prüm: "Also hier gibt's welche", sagt Fritz-Peter Linden. Komisch. Noch mal ein Rundgang durch Bitburg. Augen auf und mitzählen. Nein, nirgendwo nicht ein einziges. Wie das? Anruf beim Landrat: "Ich habe 1000 Plakate drucken lassen, die sind in allen 235 Orten im Eifelkreis verteilt, nur nicht in Bitburg", sagt Streit. Der Grund: "Sie waren zu groß, ich habe keine Genehmigung bekommen." Dabei hatte er nicht vor, im Hauswand-Format zu plakatieren.

Erlaubt ist in Bitburg DIN?A1. Das sind exakt 59,4 auf 84,1 Zentimeter. "Meine waren etwas zu breit", sagt Streit. Das fiel auf, als er förmlich bei der Bitburger Stadtverwaltung einen Antrag stellte, ob er seine Plakate aufhängen dürfe. Dann sei darauf hingewiesen worden, dass er 100 Wahlplakate aufhängen dürfte, die aber das Format DIN A 1 haben müssen. Da waren Streits Plakate längst gedruckt: "Ich habe mir da keine Gedanken gemacht, jeder Zirkus druckt größere Plakate." Er hat ein übliches Format in passender Größenordnung ausgewählt (siehe Info), aber eben nicht das in Bitburg vorgegebene.
Und nun? "Mir wurde gesagt, ich könne ja eine Sondergenehmigung beantragen." Hat Streit gemacht. Und die wurde abgelehnt: "Natürlich muss man Regeln einhalten. Aber bei der Entscheidung wegen ein paar Zentimetern war ich dann doch erst mal sprachlos."

Die Stadtverwaltung erklärt auf TV-Anfrage, dass das ein "normaler Vorgang" sei. Sinn und Zweck der Sondernutzungs-Satzung, in der solche Vorgaben geregelt sind, sei: "Alle gleich zu behandeln." Klare Linie, klare Ansage: "Die Verwaltung hat nur nach den bestehenden Vorschriften gehandelt."
Der Landrat, Verwaltungsjurist, geht davon aus, dass er im Fall einer Klage Recht bekäme: "Aber das kommt für mich nicht in Frage." Er hätte seine Plakate auf privaten Grundstücken in der Stadt aufhängen können.

Auch einzelne Sondergenehmigungen für einzelne Großplakate wären möglich. In leerstehenden Schaufenstern oder an Hauswänden will der Landrat aber niemanden entgegen lächeln. Auf diese Variante verzichtet er lieber. Seine DIN?B1-Plakate hängen nun in jedem Eifeldorf. Eben nur nicht in Bitburg.

Info Plakat- und Posterformate

(scho) DIN A1 sind 59,4 auf 84,1 Zentimeter. Beim Posterdruck gibt es auch "Super DIN A1": Das ist 61 auf 91,4 Zentimeter. Zudem sind für Poster- und Plakatwerbung auch die Formate der DIN?B-Reihe gebräuchlich. Die ist genauso gegliedert wie die DIN A-Reihe. DIN B1 - das Pendant zu DIN A1 - misst 70 auf 100 Zentimeter. Das ist das Format der Plakate des Landrats. Ein Format der gleichen DIN-Reihe, gleicher Proportionen, aber etwas größer.
Kommentar


Wir lassen ihn hängen

Jetzt stellt sich also heraus, dass die Plakate von Joachim Streit Bitburger Regularien verletzen. Aber wer keinen Gegenkandidaten hat, liefert sich ja auch keinem größer-kleiner-Vergleich aus. Es wird also deshalb auch niemand benachteiligt, nur weil der Joachim zehn Zentimeter mehr hat. Wenn Sie mich fragen: Das selbstbewusst zahnende Lächeln des Landrats sprengt doch sowieso jede DIN-Norm. Deshalb sind die Prümer und die Verantwortlichen in den Eifeldörfern in der Sache auch offenbar etwas weniger eng gerippt als die Bitburger. Motto: Wir lassen ihn hängen. In dem Fall: zu recht.
f.linden@volksfreund.de

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