Falsche Durchwahl verzögert Hilfe

Deutschland und sein Gesundheitssystem: Was da alles schieflaufen kann, zeigt eine - ziemlich kranke - Geschichte aus dem Grenzgebiet zwischen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.

Losheim/Stadtkyll. Ein Ruf geht durch die Region: Wir sind alle Eifeler - egal, ob wir in Rheinland-Pfalz leben oder in Nordrhein-Westfalen! Am Rande des Oberen Kylltals fühlt sich mancher sogar gelegentlich ein bisschen belgisch - spätestens dann, wenn er direkt hinter der Grenze zum Königreich einkaufen geht.

Was seit Jahren, zum Beispiel im Tourismus, bestens funktioniert, gilt offenbar nicht für die ärztliche Notfallversorgung. Monika W. (Name von der Redaktion geändert) kann ein Lied davon singen: Sie wohnt mit ihrer Familie in Losheim, also auf NRW-Seite, in der Gemeinde Hellenthal. Die grenzt im Westen an Belgien und im Osten, auf rheinland-pfälzischem Gebiet, an die Verbandsgemeinde Obere Kyll. Ihr Hausarzt Otto Glandien sitzt auch dort, nämlich in Stadtkyll.

Wenn bei Familie W. allerdings ein Notfall außerhalb der Praxisstunden eintritt, sind sie - seit der Neuregelung der ärztlichen Notdienste im vergangenen Jahr - aufgeschmissen: Denn sie haben eine Hallschlager Telefonnummer - wie ganz Losheim. Auch Hallschlag liegt in der VG Obere Kyll, während die Nachbarorte links und rechts, Losheim und Kronenburg, NRW-Dörfer sind. Kronenburg gehört allerdings nicht mehr zur Gemeinde Hellenthal, sondern zu Dahlem.

Verwirrend? Für Ortsfremde bestimmt. Und offenbar auch für den Notdienst: Familie W. darf nämlich dann, des Wohnorts wegen, nicht in Rheinland-Pfalz anrufen. Meldet sich Monika W. aber in NRW, wird ihr gesagt, sie habe die falsche Telefonnummer, nämlich eine rheinland-pfälzische.

"Das gibt jedesmal Theater", sagt sie. Zum Beispiel im Frühjahr: Da ging es jemandem in der Familie plötzlich sehr schlecht. Monika W. rief die "Hotline" des nordrhein-westfälischen Notdienstes an. Und bekam zu hören, dass sie die falsche, nämlich eine rheinland-pfälzische Telefonnummer hat: Deshalb könne man ihr nicht helfen. "Hin und her" sei die Diskussion gegangen, bis dann doch ein Doktor aus NRW geschickt wurde - ein Kinderarzt, der mehr als 40 Kilometer habe fahren müssen. "Und der hat gesagt: Fahren Sie sofort nach Prüm ins Krankenhaus!" Und das liegt bekanntlich in Rheinland-Pfalz.

Zum Lachen? Nicht, wenn man weiß, dass Monika W.s Ehemann an Multipler Sklerose (MS) erkrankt ist. Auf den Notruf wollen sich die beiden deshalb im Ernstfall lieber nicht verlassen. "Wenn er schon sagt, dass er sich nicht gut fühlt, rufen wir sofort beim Hausarzt an", erzählt Monika W. Dr. Glandien habe daher beim jüngsten MS-Schub dafür gesorgt, dass ihr Mann beim diensthabenden Notarzt in Gerolstein behandelt werden konnte. Obwohl das ja im falschen Bundesland ... aber das sagten wir ja schon.

Anruf in der Notruf-Zentrale für das Gebiet Nordrhein: "Das kann doch nicht sein", sagt die freundliche Frau Fischer in Duisburg, die uns leider ihren Vornamen nicht nennen will. Natürlich sei man zuständig. "Vielleicht war hier ein bisschen wenig Kommunikation, als sie angerufen hat." Monika W. soll sich noch einmal melden, dann werde das geklärt.

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