Fit für die Freiheit

OBERKAIL. Willi Fischer ist ein wahrer Vogelfreund. Seit mehr als 18 Jahren pflegt er verletzte Wildvögel in seiner Pflegestation in Oberkail.

Ist Ihnen so etwas auch schon einmal passiert? Sie kommen in Ihr Bad und finden dort eine wild um sich flatternde Dohle. Nicht ganz unwahrscheinlich, wenn sie im Dachgeschoss wohnen und über Ihnen Dohlen ihre Jungen aufziehen. Falls bei den ersten Flugversuchen dann noch ein Flügel gestaucht wurde, ist der schwarz-graue Vogel mit den hellgrauen Augen ein klassischer Fall für Willi Fischer. Der hat in seiner über 18 Jahren andauernden Tätigkeit als Leiter der Wildvogelpflegestation in Oberkail schon so manche Geschichte rund um Vögel erlebt. Seit die Pflegestation 1987 von der Bezirksregierung Trier genehmigt wurde, sind dort mehr als 500 verletzte Wildvögel gepflegt worden. Insgesamt verbrachten sie 7980 Pflegetage bei Willi Fischer. Die unterschiedlichen Käfige und Flugvolieren hat Fischer selber gebaut. Ein Vogel verbringt darin im Durchschnitt etwa 20 Tage. Wer Fischer besucht, kann sicher sein, immer einige Schützlinge bei ihm anzutreffen. Zurzeit sind drei Turmfalken in der Station. Auch richtige Raritäten hatte Willi Fischer unter seinen Patienten: Eulen, Uhus sowie einen Kranich und einen Weißstorch. Zumeist werden die Verletzungen der Vögel durch Hochspannungsleitungen, spiegelnde Fensterscheiben oder Autos verursacht. Doch trotz aller Blessuren, die sich die Vögel zuziehen, kann sich die Erfolgsbilanz von Willi Fischer sehen lassen. Etwa 70 Prozent der Vögel, die zu ihm in Pflege kamen, haben ihre Verletzungen überlebt. Besonders nahe ging Fischer, als ein Wespenbussard nach 586 Tagen in Obhut dennoch an den Folgen seiner Verwundungen starb. So etwas vergisst Fischer nicht - auch wenn die schönen Momente überwiegen. Seine Augen beginnen zu strahlen, wenn er von dem Kranich erzählt, den er bei sich überwintern ließ. Als es Frühjahr wurde, packte er seinen VW-Bus und fuhr das schöne Tier in Richtung Kyllburg seiner Freiheit entgegen. "Ich bin ihm extra noch ein Stückchen gefolgt, um zu sehen, wohin er fliegt", erzählt er. Alleine aber ist die aufwändige Pflege der Vögel nicht immer zu meistern. Denn Fischer beschäftigt sich zwei bis drei Stunden am Tag mit seinen Schützlingen. Deshalb ist er sehr dankbar, dass er immer auf seine Ehefrau Irmgard zählen kann. Die hält bereitwillig jeden Greifvogel, damit ihr Mann ihn verarzten kann. Von einer Eule, die Heimweh hatte

Unbedingtes Ziel Fischers ist es, die Pfleglinge nach ihrer Heilung und bei vollständiger Flugfähigkeit wieder in die Freiheit zu entlassen. Da kann er auch schon einmal wütend werden. Immer wieder hört er von Wildvögeln, die vom Menschen gezähmt wurden und ein tristes Dasein in irgendeiner Wohnung fristen müssen. Trotz aller Distanz, die Fischer zu den Wildvögeln wahrt, kam es auch schon vor, dass eine Eule Heimweh verspürte und ihr Futter wieder bei Familie Fischer einforderte. Schon 2001 bedankte sich der Naturschutzbund (Nabu) für die engagierte Arbeit von Willi Fischer, der 1971 unter anderem Mitbegründer der Nabu-Gruppe Südeifel war. Man überreichte ihm die Silberne Ehrennadel. Erst kürzlich erhielt er auch den Umweltpreis 2005 der Grünen im Kreis Bitburg-Prüm (der TV berichtete). Der mittlerweile 75-Jährige will aber so bald nicht an ein Ende seines ehrenamtlichen Engagements denken: "Solange es meine Gesundheit zulässt, bin ich weiterhin gerne für Wildvögel in Not da." Dennoch macht sich Fischer Sorgen. "Einen Nachfolger für mein Amt habe ich leider noch nicht finden können."

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