Fluchtwege aus dem Bitburger Rathaus: Sprung aus dem Fenster ist nicht vorgesehen

BITBURG · Im Bitburger Rathaus wird gebaut. Ziel ist die Verbesserung des Brandschutzes - für rund 400.000 Euro. Unter anderem für einen Fluchtweg aus dem Ratssaal, der im Hochparterre liegt.

 Das Bitburger Rathaus und der Brandschutz.

Das Bitburger Rathaus und der Brandschutz.

Foto: Maria Adrian

Wenn es im Sitzungssaal des Bitburger Rathauses brennt, dann führt der Weg durch die Teeküche. Vor dem Fenster in dem kleinen Raum steht ein provisorisches Stufenpodest, über das die Mitglieder des Stadtrats auf die Fensterbank und dann durch das Fenster steigen können, um so über die Feuertreppe das brennende Rathaus zu verlassen.
Auch die Feuertreppe ist nur ein Provisorium.
Seit gut zwei Jahren steht sie an der Hinterwand am Ende des kleinen Gässchens Auf der Knupp. Bislang kam die aus einem Gerüst zusammengebaute Treppe noch nicht zum Einsatz. Und dabei wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch bleiben.
Denn in den kommenden Monaten wird das Provisorium durch eine richtige Fluchttreppe ersetzt. Letzteres wurde bereits im vergangenen Sommer beschlossen. Und zwar in der Sitzung des Bitburger Stadtrats, der dieser 50.000 Euro teuren Investition nur zähneknirschend zugestimmt hat.
Längst nicht jedes Ratsmitglied sah die Notwendigkeit dieser Feuertreppe gegeben. Schließlich sind es von der Fensterbank des Sitzungssaals nur gut anderthalb Meter bis zum Innenhof des Rathauses. Und einen Sprung aus dieser Höhe hätte sich selbst das damals 78-jährige Ratsmitglied Marie-Luise Niewodniczanska zugetraut.
"Das Problem ist, dass ein Sprung aus einem Fenster beim Brandschutz nicht vorgesehen ist", sagt Berthold Steffes, Leiter des städtischen Bauamts. "Man kann ja auch nicht sagen, wo man bei einem solchen Sprung dann die Grenze der zumutbaren Höhe ziehen würde", fügt er hinzu.
Weil man im Innenhof des Rathauses aus Gründen der Optik keine Fluchttreppe wollte, führt der Weg eben durch die Teeküche. Dieser Fluchtweg war umstritten, ist aber letztlich auch nur eine von vielen Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Rathaus. So wurden in den vergangenen Wochen bereits Brandschutztüren eingebaut. Wie der Brandschutzbeauftragte der Stadtverwaltung, Frank Kohn, erklärt, werden durch diese Türen der Alt- und der Neubau komplett voneinander abgeschottet. "Verbunden damit werden auch die alten Brandschutztüren im Treppenhaus verschwinden", sagt Kohn. Diese entsprächen ohnehin nicht mehr den heutigen Sicherheitsanforderungen und seien darüber hinaus aufgrund der neuen Türen am Ende der Flurbereiche auch nicht mehr notwendig.
Bei einer Tür jedoch ist man sich noch nicht ganz sicher, wie man sie ersetzen wird. Und das ist die Tür zum kleinen Sitzungssaal, der auch als Standesamt genutzt wird. Die derzeit holzvertäfelte Tür durch eine zweckmäßige Stahltür zu ersetzen, wäre sicher nicht die ästhetischste Lösung.
"Da müssen wir noch schauen, wie wir das machen", sagt Kohn.
Was im Zuge der Brandschutzoptimierung auch umgesetzt wird, ist der Einbau von Brandschutzklappen im Bereich der Lüftungsanlagen, die Abschottung der elektrischen Leitungen in den Büroräumen, der Einbau von Zwischendecken, die Installation einer Brandfallsteuerung des Aufzuges sowie die Sicherheitsbeleuchtung in sämtlichen Fluren und auf allen Rettungswegen. Damit die Mitarbeiter und Besucher des Rathauses die Fluchtwege auch im Dunkeln finden. Wie zum Beispiel den vom Sitzungssaal zur Teeküche.
Dass der Sitzungssaal neben dem Hauptzugang überhaupt einen zweiten Fluchtweg benötigt, hängt damit zusammen, dass in diesem Raum bei Sitzungen oft mehr Menschen sind als nur die Ratsmitglieder. "Allein mit Blick auf die Bestuhlung für die Ratsmitglieder würde ein Fluchtweg durchaus ausreichen", erklärt Steffes. "Ohne den zweiten Fluchtweg dürften wir dann aber keine Öffentlichkeit zulassen."

INFO
LAND BETEILIGT SICH AN DEN KOSTEN
Das Land Rheinland-Pfalz beteiligt sich an der energetischen Sanierung und den Brandschutzmaßnahmen im Rathaus mit einem Zuschuss von insgesamt 315?000 Euro. Davon entfallen auf den Brandschutz rund 197?500 Euro. In der Haushaltsplanung sind zur Umsetzung der Brandschutzmaßnahmen etwa 400?000 Euro veranschlagt.

MEINUNG
von Dagmar Schommer

REICHLICH ÜBERZOGEN
Sicher ist sicher. Aber wann ist sicher auch sicher genug? Das, was in Sachen Brandschutz landauf, landab so passiert, wirkt in Teilen reichlich überzogen. Da braucht das Rathaus Fluchtwege, die im Ernstfall kaum einer nutzen wird, weil der Sprung aus dem Fenster näher liegt. Eine Wahl haben die Kommunen nicht. Die Vorschriften sind Gesetz, die Umsetzung Pflicht - sobald der Bestandsschutz verfällt. Bei den Millionen, die Jahr für Jahr in den Brandschutz öffentlicher Gebäude investiert werden, drängt sich die Frage auf, ob Aufwand und Nutzen noch in einem gesunden Verhältnis zu einander stehen. Absolute Sicherheit wird es nie geben. d.schommer@volksfreund.de

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