Hilfsaktionen „Geld verdienen können wir später“: Wie sich ein Verein aus der Eifel für Flüchtlinge einsetzt

Seffern/Neustraßburg · Was als Hilfe für die eigene Familie begann, rettet mittlerweile Hunderte Menschen: Der Verein MMS Humanitas setzt sich für die Ukraine ein – und benötigt einige Dinge ganz besonders dringend.

 Flüchtlinge warten auf ihre Abholung an der polnisch-ukrainischen Grenze. MMS Humanitas aus der Eifel fährt dorthin, um sie einzusammeln.

Flüchtlinge warten auf ihre Abholung an der polnisch-ukrainischen Grenze. MMS Humanitas aus der Eifel fährt dorthin, um sie einzusammeln.

Foto: TV/Markus Schlickat

Als Russland entscheidet, die Ukraine anzugreifen, weilt der Sefferer Mario May im Urlaub in Spanien. Mit der Idylle ist es jedoch spätestens vorbei, als er erfährt, dass sich die Familie seiner Frau – einer Ukrainerin – auf der Flucht befindet. Da er von Spanien aus nur schlecht helfen kann, ruft er seine Brüder Markus Schlickat und Sascha May an. Die Familie müsse in Polen abgeholt werden, erklärt er ihnen. Schlickat handelt sofort – und mit der familären Hilfsaktion beginnt eine der aktuell größten humanitären Organisationen des Eifelkreises. MMS Humanitas, eine leicht zu merkende Abkürzung für die Vornamen der drei Brüder Markus Schlickat, Mario und Sascha May.

MMS Humanitas aus der Eifel hilft Flüchtlingen aus der Ukraine

Denn: Als die Brüder eine spontane Sammelaktion auf die Beine stellen und nachts an der Grenze ankommen, spüren sie: Hier muss es weitergehen. In der gleichen Nacht ruft Schlickat einen befreundeten Busunternehmer an. „Pass auf, ich brauche einen Reisebus“, sagt er ihm. Das klappt – und seitdem fahren Schlickat und Co. zweimal die Woche mit einem Buskonvoi an die Grenze zur Ukraine. Mit im Gepäck: jede Menge Hilfsgüter, die ins Land hineingefahren werden. „Über unsere Familie haben wir da Kontakte“, sagt Schlickat, dessen Stiefmutter ebenfalls Ukrainerin ist.

Zwischen 60 und 80 Ukrainer holen sie dort pro Tour ab und fahren sie in die Eifel, wo die Geflüchteten auf Wohnungen verteilt werden. Bislang fanden so über 400 Menschen eine Unterkunft. Wie etwa eine Mutter mit ihren acht Kindern und zwei Enkeln, die durch die helfenden Brüder in Oberlascheid untergebracht wurden.

 Eine Familie aus der Ukraine kommt in Oberlascheid in der Eifel unter. Sie wurden von MMS Humanitas und Markus Schlickat ins Land gebracht.

Eine Familie aus der Ukraine kommt in Oberlascheid in der Eifel unter. Sie wurden von MMS Humanitas und Markus Schlickat ins Land gebracht.

Foto: TV/Markus Schlickat

Unterkünfte in der Eifel werden immer knapper

Wohnungen, die immer knapper werden. Denn auch wenn die Resonanz auf die Hilfsaktionen riesig ist (Markus Schlickat: „200 bis 300 Telefonate täglich sind normal“), ist klar: Es gibt Herausforderungen. Eine davon ist der dringend benötigte Wohnraum. „Das ist das Hauptproblem“, sagt Schlickat. Man brauche dringend Unterkünfte. „Wir bekommen die Menschen mit Ach und Krach irgendwie unter“, erklärt der Eifeler. Wichtig dabei: Zwar nehme man auch gerne Gästezimmer, die frei sind (“Davon haben wir viele.“), aber besonders für Familien, die zusammen unterkommen wollen, braucht man Wohnungen und Häuser. Schlickat und seine Mithelfer verteilen ausschließlich auf private Wohnungen, an die Unterkünfte des Landes – die Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende – kommen sie nicht heran.

Was besonders gebraucht wird für die Flüchtlinge

Auch wenn der Wohnraum das Hauptproblem ist, knirscht es noch an anderen Stellen. Im Geldbeutel zum Beispiel. Denn all das, was MMS Humanitas für die Ukrainer tut, kostet Geld. Jede Menge Geld. 30.000 Euro pro Woche. Finanzielle Mittel, die ausschließlich über Spenden und Sponsoren getragen werden. Über monetäre Hilfe ist der Verein dankbar (siehe Extra). Auch Sachspenden werden weiterhin gerne genommen, aktuell unter anderem besonders haltbare Nahrungsmittel, Hygieneartikel, Artikel für Babys und Kleinkinder, Medikamente, Schlafsäcke, Isomatten, Kopflampen, Rollstühle, Rollatoren und geladene Powerbanks.

All das will auch koordiniert werden. Dafür wünschen sich die Sefferer weitere Helfer. „Wir haben viele Freiwillige“, sagt er, „aber es fehlen noch zwei bis drei Schlüsselfiguren, die gewisse Bereiche übernehmen.“ Denn das ist aktuell eine Mammutaufgabe für Markus Schlickat, der sich als „theoretisch voll berufstätig“ beschreibt. Theoretisch, denn als der Anruf seines Bruders die Hilfsaktion ins Rollen bringt, entscheidet er sich: „Geld verdienen können wir später, die Menschen brauchen jetzt Hilfe.“

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