Archiv Juli 2019 Förster warnen vor Borkenkäfern, Giftraupen und Baumpilzen: Grüne Lunge in Gefahr

Bitburg/Prüm/Neuerburg · Der Klimawandel bringt neue Schädlinge in die Eifel. Förster warnen vor der nächsten Generation Borkenkäfer. Und auch der Eichenprozessionsspinner sorgt für Unheil, während eine neue Bedrohung nahe Bitburg entdeckt wurde.

 Die Sonne lacht, die Schädlinge freuen sich mit: Der Borkenkäfer (links) kann sich bei der Hitze besser vermehren. Der Rußrindenpilz (Mitte) und der Eichenprozessionsspinner mögen es ebenfalls heiß.

Die Sonne lacht, die Schädlinge freuen sich mit: Der Borkenkäfer (links) kann sich bei der Hitze besser vermehren. Der Rußrindenpilz (Mitte) und der Eichenprozessionsspinner mögen es ebenfalls heiß.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Zuerst sind kleine Löcher zu erkennen. Holzmehl klebt an der Borke, als hätte jemand eine Bohrmaschine durch die Fichte gejagt. Doch im Stamm wächst eine zerstörerische Brut heran, die Nadelbäume wie Skelette zurücklässt.

Die Rinde blättert ab, die Krone färbt sich rotbraun, Nadeln fallen herab. Kurz: Für einen lange vom Borkenkäfer befallenen Baum kommt jede Rettung zu spät.

2018 hat der Käfer im Eifeler Wald Millionenschäden verursacht (der TV berichtete). Und bald befürchten die Förster eine weitere Heimsuchung. Erst in den vergangenen Jahren hat sich der Buchdrucker in Deutschland zu einer Plage entwickelt. Schuld ist der Klimawandel. Denn je trockener und wärmer es wird, desto gemütlicher macht es sich das Insekt.

2019 konnte der Schädling eine dritte Generation ausbilden. Und die Fichten waren wegen der Hitze und Trockenheit so gestresst, dass sie nicht genug Harz bildeten, um sich damit gegen die Insekten zu wehren. Die Folgen waren laut Forstamtsleiter Peter Wind vor allem in den üppigen Nadelwäldern rund um Prüm verheerend. Aber auch die Büroleiter aus Bitburg und Neuerburg berichten von großen Schäden.

Die gute Nachricht: Eine dritte Generation wird es 2019 wohl nicht wieder geben, sagt Johann Reuter, Büroleiter im Forstamt Bitburg. Wegen des vergleichsweise kalten Monats Mai hätten sich die Käfer später entwickelt als im Vorjahr. Das hätten Überwachungen an der Borkenkäfer-Fangstation in Olsdorf (Bitburger Land) ergeben. Dies sei aber kein Grund zur Entwarnung, findet Reuter: „Eine große Welle steht uns trotzdem bevor.“ Der Prümer Peter Wind gibt ihm Recht: „Der kühle Mai hat die Invasion nur verzögert. Nun kommt sie mit Macht auf uns zu.“

Jungkäfer, die im Frühjahr geschlüpft sind, schwärmen aus, um neue Brutplätze zu finden. Mitte Juli werden die ersten Kronen rot. Den Waldbesitzern bleibt also wenig Zeit, befallene Fichten zu schlagen. Auch von Stürmen gefällte Bäume sollten aus den Revieren geschafft werden. Denn sie bieten den Tieren Brutplätze.

Für solche Maßnahmen gibt es Geld vom Land Rheinland-Pfalz (der TV berichtete). Rund 3,5 Millionen Euro stellt die Regierung Waldbesitzern für 2019 und 2020 zur Verfügung. „Das ist viel zu wenig Geld“, sagt Reuter. Wind bestätigt: „Das ist deutlich besser als nichts, reicht aber nicht, um die Verluste zu decken.“

Inzwischen seien etliche Förderanträge bei den Forstämtern eingegangen. Dass die Resonanz so hoch ist, sei ein Indiz für die Größe des Problems, sagt Wind: „Wir haben Tausende private Waldbesitzer in unseren Forstämtern, und alle haben Schwierigkeiten.“

Doch die schlechten Nachrichten reißen nicht ab. Denn eine weitere Bedrohung erscheint gerade erst am Horizont: die Rußrindenkrankheit. Dieser Baumpilz befällt Ahornbäume und hinterlässt sie pechschwarz-verkohlt und welk.

Vergangene Woche ist Cryptostroma corticale in Rivenich (VG Wittlich Land) von einem Förster erstmals entdeckt worden.

Zuvor war der Pilz in der Eifel nicht bekannt, sondern eher in südlicheren Regionen. Wegen des inzwischen milderen Klimas macht er sich aber auch hierzulande breit.

Was den Pilz gefährlich macht: Er sondert giftige Sporen ab, die allergische Schocks auslösen können. Wenige Stunden nach dem Kontakt mit der Ahornkrankheit zeigen sich Symptome wie Reizhusten, Fieber und Atemnot.

Auch Eifeler sollten künftig die Augen nach schwarz verkrusteten Bäumen offen halten. Rund um Neuerburg und Prüm ist der Pilz laut den Förstern zwar nicht aufgetaucht. Im Forstamt Bitburg gibt es aber einen ersten Fall.

Rund ein halbes Dutzend Bäume auf einem kommunalen Waldstück seien befallen, sagt Büroleiter Reuter. Wo genau das Grundstück liegt, will er nicht verraten. Fachleute seien dabei, den Pilz zu bekämpfen. Es sei aber nicht auszuschließen, meint Reuter, dass die Rußrindenkrankheit sich auch an anderer Stelle ausgebreitet habe.

Der Neuerburger Büroleiter Rudolf Becker glaubt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der Schädling seinen Weg in den Norden findet: „Und dann geht es auch um die Gesundheit der Bürger, nicht nur um die der Bäume. Da hat der Umweltschutz eine ganz andere Bedeutung.“

Ähnlich verhält es sich mit dem Eichenprozessionsspinner, der seit diesem Jahr erstmals vermehrt in der Eifel auftritt (der TV berichtete). Die Giftraupe kann bei Berührung Hautirritationen hervorrufen. Aber das Insekt macht auch den Eichen zu schaffen, auf denen es nistet.

„Seit einigen Jahren“, sagt Forstamtsleiter Peter Wind, „haben wir es durch den Klimawandel mit einer Vielzahl neuer Schädlinge zu tun.“

Und er ist sich sicher: Es werden weitere hinzukommen. Das Problem sei, dass niemand wisse, wie sich das Klima und das Ökosystem entwickele: „Das ist, als würde man in eine Kristallkugel schauen.“

Förster seien seit einem Vierteljahrhundert dabei, auf die Veränderungen zu reagieren. Weil die Fichte durch den Borkenkäfer inzwischen bedroht sei, empfehle man niemandem mehr, auf den Nadelbaum zu setzen.

Stattdessen versuche man durchmischte Wälder anzulegen. „Wir haben Buchen, Weißtannen und Douglasien gepflanzt, um den Wald weniger angreifbar zu machen“, sagt Wind. Doch es dauert eben, bis Bäume wachsen.

 Russrindenkrankheit Baumpilz Rivenich cmo

Russrindenkrankheit Baumpilz Rivenich cmo

Foto: Christian Moeris
 ARCHIV - 19.06.2019, Bayern, Nürnberg: Eichenprozessionsspinner sitzen in ihrem Nest auf einem Baum. Zahlreiche Insekten fallen wie eine Plage über Bäume und Gärten her.  (zu dpa: "Eichenprozessionsspinner hält Schädlingssbekämpfer auf Trab") Foto: Daniel Karmann/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 19.06.2019, Bayern, Nürnberg: Eichenprozessionsspinner sitzen in ihrem Nest auf einem Baum. Zahlreiche Insekten fallen wie eine Plage über Bäume und Gärten her. (zu dpa: "Eichenprozessionsspinner hält Schädlingssbekämpfer auf Trab") Foto: Daniel Karmann/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Daniel Karmann

Die Prognose des Amtskollegen Johann Reuter: „In spätestens 100 Jahren werden die Fichtenwälder, die wir kennen, verschwunden sein.“

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