Fonds Deutsche Einheit: Gemeinde Arzfeld will nicht mehr zahlen

Arzfeld · Es ist eine gesetzliche Pflicht, dennoch weigert sich der Gemeinderat Arzfeld, den Beitrag für den Fonds Deutsche Einheit in den Haushalt für 2012 einzustellen. Damit wollen die Ratsmitglieder ein Zeichen setzen, auch wenn ihr Protest kaum Aussicht auf Erfolg hat.

Arzfeld. "Wir haben hier Not ohne Ende und nehmen für Not an anderer Stelle einen Kredit auf", sagt Rainer Hoffmann, SPD-Fraktionssprecher im Arzfelder Gemeinderat. Bereits bei den Beratungen für den Haushaltsplan 2012 hat das Gremium im November sich geweigert, den Beitrag von 4000 Euro für den Fonds Deutsche Einheit einzustellen. Dieses Geld wird dazu verwendet, die Schulden aus dem Aufbau Ost abzutragen (siehe Extra). Denn wie so viele Gemeinden kämpfen auch die Arzfelder darum, ihren Haushalt auszugleichen oder zumindest das Defizit zu begrenzen. Bei der Suche nach Einsparmöglichkeiten fiel schließlich auch der Fondsbeitrag ins Auge und wurde prompt gestrichen.
Doch ganz so einfach geht es nicht: Denn die Beteiligung an dem Fonds ist eine gesetzliche Verpflichtung. Ortsbürgermeister Alfons Kockelmann war daher gezwungen, den gesetzwidrigen Beschluss auszusetzen, und teilte dies in der jüngsten Ratssitzung mit. Damit wäre der Fall abgeschlossen, die Gemeinde würde den Beitrag dennoch bezahlen. Der entsprechende Weigerungsbeschluss wäre unwirksam. Die einzige Möglichkeit des Rates, sagt Fachbereichsleiter Walter Klar von der VG Arzfeld, sei der sogenannte Beharrungsbeschluss. Damit bekräftige man die Entscheidung, den Beitrag für den Fonds nicht zu bezahlen.
"Es geht uns ums Prinzip", sagt Rainer Hoffmann und findet Unterstützung bei den anderen Fraktionen. "Das ist ein Zeichen des Protests", sagt Walter Heinisch (CDU). "Dieses Gesetz ist seit Jahren überflüssig." Mit einer Mehrheit von neun Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen und vier Nein-Stimmen bestätigte der Gemeinderat schließlich die Entscheidung, den Fondsbeitrag nicht zu bezahlen.
Nun muss die Kreisverwaltung in Bitburg als Aufsichtsbehörde entscheiden.
Ob der Beschluss allerdings Bestand haben wird, ist mehr als fraglich. Bereits 2008 hatten vier Verbandsgemeinden und eine Ortsgemeinde aus der Südwestpfalz gegen die Umlage zum Fonds geklagt. Doch das Oberverwaltungsgericht wies die Klage schließlich ab. Der deutsche Einigungsprozess müsse von Bund, Ländern und Gemeinden als gesamtstaatliche Aufgabe gemeinsam bewältigt werden. Daher sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Land die Finanzierungskosten des Fonds über eine Umlage gleichmäßig auf alle Gemeinden verteile.
Deshalb ist davon auszugehen, dass auch die Kreisverwaltung den Arzfelder Beschluss kassieren wird, die Gemeinde also doch zahlen muss. Blieben die Arzfelder stur, könnten sie gegen diese Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht klagen. Doch so weit, das wurde in der Ratssitzung bereits deutlich, will man - auch angesichts der schlechten Erfolgsaussichten - nicht gehen.Meinung

Finanzierung überdenken
Es war wichtig und richtig, dass die verhältnismäßig reicheren Bundesländer im Westen den neuen Ländern nach der Wiedervereinigung finanziell unter die Arme gegriffen haben und dafür milliardenschwere Kredite aufgenommen haben. Doch nun, 20 Jahre nach der deutschen Einheit und 15 Jahre nach dem Auslaufen des Fonds, ächzen die klammen Gemeinden im Westen immer noch unter der Last von Zinsen und Tilgungen, die aufzubringen sind - und müssen sich dafür verschulden. Da ist völlig verständlich, dass die Zahlungen für den Fonds in die Kritik geraten. Auch wenn der Arzfelder Protest angesichts eines eindeutigen Urteils des Oberverwaltungsgerichts im Sande verlaufen wird, ist er doch ein wichtiges Zeichen. In der Tat sollte man in Berlin darüber nachdenken, auch die ostdeutschen Kommunen zur Tilgung der Wiederaufbaukredite heranzuziehen. Schließlich sind sie die Hauptprofiteure. Sie stehen zwar finanziell nicht besser da als die Gemeinden im Westen, aber auch nicht per se schlechter. Sinnvoller wäre deshalb eine Verteilung auf mehrere Schultern, das würde die Last für die einzelnen deutlich verringern. c.brunker@volksfreund.deExtra

Der Fonds deutsche Einheit ist ein ehemaliges Sondervermögen des Bundes, mit dem der Aufbau der ostdeutschen Bundesländer nach der Wiedervereinigung finanziert worden ist. Ursprünglich war ein Volumen von 115 Milliarden Mark vorgesehen, von denen 95 Milliarden über einen Kredit und 20 Milliarden aus dem Bundeshaushalt finanziert worden sind. Zwischen 1992 und 1994 wurde der Fonds um 45,7 Milliarden Mark auf dann 160,7 Milliarden Mark aufgestockt, das Geld hierfür kam aus einer Mehrwertsteuererhöhung von 14 auf 15 Prozent zum 1. Januar 1993, der Zinsabschlagssteuer und aus dem allgemeinen Haushalt des Bundes und der westdeutschen Länder. Zum 1. Februar 1995 wurden die Aufgaben des Fonds in den Länderfinanzausgleich integriert, seitdem geht es nur noch darum, die Schulden für die Kredite zu tilgen. Das Geld, das die Gemeinden aktuell zahlen, fließt also nicht mehr in die ostdeutschen Länder, sondern wird verwendet, um den Kredit abzutragen. Bis zum Jahr 2019 müssen die westdeutschen Länder dafür jährlich 2,6 Milliarden Euro aufbringen, von denen 150 Millionen Euro auf Rheinland-Pfalz entfallen. Um diesen Betrag aufzubringen, erhebt das Land eine Umlage, deren Höhe sich an der Steuerkraft der Gemeinden orientiert. So zahlt beispielsweise die VG Arzfeld rund 30 000 Euro, die VG Prüm rund 94 000 Euro. ch

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