Forstbewohner im Fadenkreuz

Die Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) hat in Prüm und Wallersheim die Gemeindewälder besichtigt. Anlass: die zunehmenden Wildschäden. Die ANW fordert deshalb höhere Abschussquoten.

Prüm/Wallersheim/Schüller. Abgenagte Rinden und Wurzeln, weggefressene Triebe, Geweihspuren an jungen Bäumen: Viele Waldbesitzer werden der Wildschäden nicht mehr Herr und sind kaum noch in der Lage, sie überhaupt zu erfassen.

Je stärker aber der Wald wirtschaftlich genutzt wird, desto höher schlagen die Schäden zu Buche, bundesweit sollen es pro Jahr mehrere Hundert Millionen Euro sein. Peter Wohlleben, Vorsitzender des ANW-Landesverbands Rheinland-Pfalz, verweist daher auf die vielerorts stark gestiegenen Wildbestände. Was auch daran liege, dass die Tiere nicht intensiv genug bejagt würden.

Forderung: Gestärktes Jagdrecht



Trotzdem sagt er: "Nicht die Jäger sind böse. Die Struktur ist einfach schlecht." So sieht es auch Peter Wind, Chef des Forstamts Prüm: "Das ist nicht allein die Schuld der Jäger. Meines Erachtens haben auch Waldbesitzer ihre Verantwortung häufig nicht wahrgenommen." So könne man die Pacht ja auch an jemanden vergeben, der vielleicht weniger zahlt, sich aber besser kümmert. Kurz: "Es geht auch darum, die Verantwortlichkeit des Waldbesitzers zu wecken."

In Rheinland-Pfalz haben daher die ANW, der Gemeinde- und Städtebund, die Naturschutzbünde, der Ökologische Jagdverband und der Waldbesitzerverband eine Resolution verfasst, die sie im derzeit vorbereiteten neuen Landesjagdgesetz berücksichtigt haben wollen.

Sie fordern unter anderem ein gestärktes Jagdrecht der Waldeigentümer gegenüber den Pächtern. In der Jägerausbildung sollen forstwirtschaftliche und ökologische Inhalte mehr Gewicht erhalten. Zudem sollen künftige Kreisjagdmeister nicht mehr nur von den Jägern, sondern auch von den Grundbesitzern gewählt werden.

Die Jäger verweisen unterdessen auf Schäden, die nicht von den Tieren verursacht werden: zum Beispiel durch Baum-Erntemaschinen ("Harvester"), die Landwirtschaft, aber auch durch Erholungssuchende, die das Wild verschrecken, wenn sie etwa ihre Hunde frei durch den Wald laufen lassen. "Wir haben heute kaum noch die Ruhezonen, die das Wild braucht", sagt Peter Pfeil, Jagdaufseher in Schüller und Jünkerath. Zudem sei die Situation von Revier zu Revier anders.

Es bleibt ein Dilemma für viele Gemeinden, die auf das Geld ihrer Jagdpächter angewiesen sind. Anders der Tettenbusch bei Prüm: Dort gibt es keine Verpachtung. Das Forstamt vergibt selbst Einzelabschüsse und reguliert damit die Bestände. Ergebnis: Der Tettenbusch, sagt Peter Wohlleben, sei "betriebswirtschaftlich top und ökologisch super". Zusätzlicher Schutzeffekt: Der gesund gemischte Wald ist auch gegen Stürme gut gewappnet.

Die Ortsgemeinde Wallersheim sei nach Problemen in der Vergangenheit ebenfalls auf dem Weg zu einer besseren Regulierung: "Die Abschüsse wurden erhöht, die Schäden gehen zurück", sagt Peter Wind.

Die Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) wurde 1950 gegründet und ist in allen Bundesländern vertreten. Zu ihren Mitgliedern zählen Forstleute und -Wissenschaftler, Waldbesitzer und weitere Verbände, die sich für eine verantwortungsbewusste Waldnutzung einsetzen wollen.

Zum Thema "Wald-Wild-Jagd" organisieren die Freien Wähler Vulkaneifel am Samstag, 29. Mai, einen Informationstag in Prüm, unter anderem mit Peter Wind vom Forstamt und Revierleiter Raimund Köhl. Treffpunkt: 14.30 Uhr am Parkplatz Wolfsschlucht.

Extra Der Hintergrund: Die Förster sollen den Waldbesitzern beratend zur Seite stehen. Dazu gehört allerdings nicht die Erhebung von Wildschäden, obwohl manche Revierleiter den Eigentümern dabei helfen. Die Verantwortung dafür liegt bei den privaten oder kommunalen Besitzern, die den Verbandsgemeinden die Schäden melden sollen. Viele klagen jedoch darüber, dass diese Aufgabe nicht mehr zu bewältigen sei. Frank Ridderbusch von der Obersten Jagdbehörde beim Landes-Umweltministerium bestätigt den Zuwachs der Wildschäden. Dieser beeinträchtige den Waldbau "auf mehr als der Hälfte der Waldfläche der Rotwildringe Daun-Wittlich und Prüm-Bitburg". Auch er sieht dafür als Hauptgrund - trotz erhöhter Abschusszahlen - die steigenden Wildbestände. Auch deshalb sei der Entwurf für ein neues Landesjagdgesetz in Arbeit. Ziel sei eine einvernehmliche Gestaltung der Jagd. Das Gesetz eröffne Pächtern und Verpächtern mehr Optionen, auch bei der Abschussregelung. Die Jagdbehörde greife nur ein, wenn die Vereinbarungen "nicht verantwortungsvoll wahrgenommen und dadurch öffentliche Belange beeinträchtigt werden". (fpl)

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