"Fortunas rechte Hand" im Eifeler Büro

Wer kennt den Traum nicht: Eine halb vergessene Erbtante stirbt und vererbt ihr Vermögen. Was aber ist, wenn man nichts von der Tante weiß? Professionelle Hilfe kann da helfen.

Mechernich-Kommern. Eine dieser "Sonderagenten mit der Lizenz zum Reichmachen" ist Hildegard Knottenberg-Bierke, selbstständige Erbenermittlerin aus Kommern (Kreis Euskirchen). Ihr helles Büro gewährt Blicke in die Eifellandschaft, der Computer vernetzt sie mit der ganzen Welt. Gebannt blickt sie auf den Monitor. Sie hat wieder Feuer gefangen: "Da! Heute sind 15 neue Fälle im Bundesanzeiger" erläutert sie und filtert blitzschnell potenzielle Aufträge heraus. Mögliche Geschichten hinter den spärlichen Daten sprudeln aus ihr heraus. "Wenn ein Mensch stirbt und keine gesetzlichen Erben bekannt sind, schalten Amtsgerichte im Bundesanzeiger eine ,Öffentliche Aufforderung'. Gesetzliche Erben sollen sich melden und ihre Verwandtschaftsverhältnisse zum Verstorbenen darlegen." Ist dies erst nötig, liegt nahe, dass die Erben gar nichts von einem Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen wissen. Hier kommen die Erbenermittler ins Spiel. Das Netzwerk "Erben-Ermittlung Emrich", dem die 60-jährige Unternehmerin angehört, hat sich darauf spezialisiert, unbekannte Erben aufzuspüren. Dabei kann das Netzwerk weltweit auf Experten im Bereich der Ahnenforschung sowie Genealogen (Familienforscher) und Anwälte zurückgreifen. Der Aufwand lohne sich nur, so die Fachfrau, bei einer Erbschaft von mehr als 10 000 Euro. Das Hobby zum Beruf gemacht

Ihr bislang "dickster Fisch" liegt weit darüber: 220 000 Euro warten auf einen Erben. "Der Fall ist relativ alt, an dem haben sich schon einige die Zähne ausgebissen", sagt sie. Eine bislang fehlinterpretierte Urkunde brachte gerade die Wende: Als "Kind der unverheirateten frommen Dienerin" war die im Zweiten Weltkrieg vertriebene und ohne Papiere in Deutschland gelandete Frau tituliert worden. Bislang war man bei der Ahnenforschung daher von der Tochter einer Ordensschwester ausgegangen. Erfolglos. "Das haut nicht hin mit der Nonne", dachte Knottenberg-Bierke. Tatsächlich war die Verstorbene als Tochter einer unverheirateten Katholikin beschrieben worden, die vermutlich als Dienerin gearbeitet hat. So öffneten sich neue Ansätze. Schließlich fand sie heraus, dass die Verstorbene vor dem Krieg verheiratet war: "Ihre Kinder waren deportiert worden, teils nach Sibirien. Vielleicht war sie bei ihrer Ankunft in Deutschland so traumatisiert, dass sie das verdrängt und hier ein neues Leben begonnen hat", schildert die Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Eine der Töchter und somit Erbin hat sie bereits in Polen aufgespürt. Mit Hilfe der Gründerförderung im Kreis Euskirchen machte Knottenberg-Bierke Anfang 2007 ihr Hobby zum Beruf: "Lange schon betreibe ich Ahnenforschung. Ich helfe Adoptivkindern ehrenamtlich bei der Suche nach ihren Ursprungseltern. Es ist wichtig für Menschen, ihre Identität zu finden." Betroffen macht die Ahnenforscherin ein Nachkriegsabkommen zwischen der Bundesrepublik und den USA. Noch heute dürften US-Behörden unehelichen Nachkommen ehemals in Deutschland stationierter US-Soldaten jede Auskunft verweigern. "Das ist menschenverachtend", kritisiert sie. "Wie bei dem jungen Mann, der seinen amerikanischen Vater, seine Wurzeln sucht. Wir bekommen da keinerlei Informationen." Vielleicht denkt sie dabei auch an ihre Freunde aus der Zeit, als sie selbst in einem Kinderheim lebte. Auf der Suche nach ihnen war sie im Internet über die vielen Suchanzeigen von Adoptivkindern gestoßen, die ihre Ursprungsfamilien suchen — und hat mit der Ahnenforschung begonnen.

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