Wirtschaftspolitisches Forum Bitburg Wichtiges Thema, starker Redner, spannende Einblicke

Bitburg · Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin war auf Einladung der Kreissparkasse Bitburg-Prüm zu Gast im Beda-Haus. Marcel Fratzscher gehört zu den erfolgreichsten Ökonomen der jüngeren Generation und fesselte mit seinem Vortrag „Deutschland und Europa – wirtschaftliche Chancen und Risiken“ seine Zuhörer in Bitburg.

 Blick in den Festsaal: Die Zuhörer beim Wirtschaftspolitischen Forum der Kreissparkasse Bitburg-Prüm in Bitburg.

Blick in den Festsaal: Die Zuhörer beim Wirtschaftspolitischen Forum der Kreissparkasse Bitburg-Prüm in Bitburg.

Foto: Hoeser Rudolf

(de) Der Saal: voll. Die Stimmung: gut. Endlich wieder Beda-Markt. Und wie es am Abend vor der offiziellen Eröffnung der Messe gute Tradition ist, hat die Kreissparkasse Bitburg-Prüm wieder zu ihrem Wirtschaftspolitischen Forum eingeladen. Gastredner der 37. Auflage der Veranstaltung: Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin.

Fratzscher sollte eigentlich schon 2020 in Bitburg sprechen, sagte Rainer Nickels, Vorstand der Kreissparkasse in seiner prägnanten Ansprache, in der er den Bogen von der Eifel bis hin zu weltweiten wirtschaftlichen Verflechtungen und geopolitischen Herausforderungen spannte. Keine Frage: Der Ukraine-Krieg ist eine Zäsur. Mit Folgen, die bereits heute auch in der Wirtschaft spürbar sind.

Das Wirtschaftspolitische Forum musste 2020 dann, wie auch der ganze Beda-Markt kurzfristig abgesagt werden. Am 22. März 2020 folgte der erste Lockdown wegen der Corona-Pandemie. „Vor drei Jahren“, sagte Fratzscher, „hätten wir die Frage, vor welchen wirtschaftlichen Herausforderungen wir stehen, noch völlig anders beantwortet.“ Inzwischen erlebe Deutschland eine Inflation, die noch nie binnen von zwölf Monaten so sehr gestiegen ist, Energiepreise schießen in die Höhe und, was ähnlich sei wie bei der Pandemie: „Hiervor ist jeder betroffen.“

Der Krieg in der Ukraine zeige, wie verletzlich eine offene Marktwirtschaft ist. Und doch sei gerade diese Offenheit auf der anderen Seite eine der größten stärken der deutschen Wirtschaft. Die Frage für Fratzscher ist: „Wir können wir uns in einer globalen Welt neu aufstellen, ohne die Grundlagen unseres Wohlstands zu riskieren?“

Die Antwort: Dazu brauche es Transformationen. Und zwar ökologische (Stichwort: Energiewende) und technische – vom flächendeckenden schnellen Internet bis hin zu Zukunftstechnologien. Es brauche aber zudem auch eine soziale Transformation, da eine zukunftsfähige Gesellschaft mehrheitlich Veränderungen und Wachstum gegenüber aufgeschlossen sein müsse. Dazu gehöre auch, dass im Bildung für jedermann chancengleich zugänglich ist. Gerade die Pandemie habe Deutschland da aber zurückgeworfen. „Die Schere ist weiter auseinandergegangen“, sagte Fratzscher. Dem müsse entgegengewirkt werden. Nicht nur, aber auch mit Blick auf den sich verschärfenden Fachkräftemangel.

Seine Prognose: Die deutsche Wirtschaft habe noch ein, zwei schwierige Jahre vor sich. Sei aber grundsätzlich robust. Was die deutsche Wirtschaft auszeichne sei ihre Offenheit: „Jeder zweite Euro wird im Export verdient.“

Mit Blick auf China, „der Elefant im Raum“, hat Fratzscher die Sorge vor einer asymmetrischen Abhängigkeit, die Deutschland in Abhängigkeiten zwinge: „Wir sind auf deren Rohstoffe und Zulieferungen mehr angewiesen als die auf unser Know-How.“

Wichtig sei nun, ökologische und digitale Transformationen nicht zu verschlafen. Die größten Hürden dabei auf deutscher Seite: der Fachkräftemangel und die überbordende Bürokratie. „Es kann doch nicht sein, dass es von der Antragsstellung bis zur Genehmigung und dem Bau eines Windrads sieben Jahre vergehen“, sagte Fratzscher. Dieser Bürokratismus schrecke investitionswillige und investitionsfähige Firmen ab.

Zu den Stärken der deutschen Wirtschaft wiederum zählen unter anderem familiengeführte mittelständische Unternehmen, die eben nicht in Fünf-Jahres-Management-Zeiträumen denken, sondern in Generationen. Hinzu kommen die Bereitschaft sich für Wissenschaft und Erkenntnis zu öffnen, ein starke Ehrenamt und ein funktionierendes Gemeinwesen. Alles in allem zeichnet Fratzscher ein ernstes, keinesfalls düsteres Bild von der Lage.

Redner und Vortrag kamen bei den Zuhörern in Bitburg gut an. Und so gab es bei Bier und Häppchen im Anschluss viel Stoff für Gespräche. Ein gelungener Abend und stimmiger Auftakt fürs Messegeschehen.

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