Frau vergewaltigt? Angeklagter streitet Tat ab

Trier/Bitburg · Ein 33-jähriger Mann muss sich seit Donnerstag wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person vor dem Landgericht Trier verantworten: Er soll eine schwerbehinderte Mitbewohnerin in einem Eifeler Heim für psychisch Kranke zum Oralverkehr gezwungen haben. Der Angeklagte, dessen Schuldfähigkeit im Prozess überprüft wird, spricht von einvernehmlichem Sex.

Trier/Bitburg. Sie sitzt im Rollstuhl, kann nur mit Mühe das rechte Bein und die rechte Hand bewegen. Auch in ihrer Sprache ist sie gehandicapt: Nach einem Verkehrsunfall und einem dabei erlittenen Schädelhirntrauma fällt es ihr schwer, sich deutlich zu artikulieren. Doch die 34-Jährige ist fest entschlossen, am Donnerstag als Zeugin vor der Ersten Großen Strafkammer des Trierer Landgerichts verstanden zu werden. Immer wieder nickt sie kräftig oder schüttelt energisch den Kopf, wenn Richterin Petra Schmitz ihre Worte nicht von vornherein richtig gedeutet hat. Zumindest äußerlich lässt sich die Bewohnerin eines Hauses für psychisch Kranke im Altkreis Bitburg nicht anmerken, dass es ihr schwerfällt, das zu schildern, was sich vor etwas mehr als einem Jahr in ihrem Zimmer in der Einrichtung ereignet haben soll. Auch scheint es ihr nichts auszumachen, dass ihr vermeintlicher Peiniger keine drei Meter von ihr entfernt auf der Anklagebank sitzt.
Fest steht - das schildern der Angeklagte sowie das mutmaßliche Opfer übereinstimmend -, dass es an einem nicht mehr zu bestimmenden Tag in der zweiten Jahreshälfte 2010 zum Oralverkehr zwischen den beiden Heimbewohnern kam.
Zwei unterschiedliche Versionen


Der 33-jährige Saarländer, der sich wegen einer wohl drogenbedingten Psychose in der Einrichtung aufhielt, beharrt darauf, dass der Sex einvernehmlich gewesen sei: "Ich habe sie zu nix gezwungen." Er habe sie gefragt, ob sie mit ihm was anfangen wolle. Daraufhin habe sie ihm gesagt, sie habe einen Freund, woraufhin er erwiderte: "Vergiss den jetzt mal." Sie habe darauf mit "ja, ja" geantwortet.
Ein Missverständnis? Wohl kaum - nimmt man die Version, die das mutmaßliche Opfer vor Gericht vorträgt: Der Angeklagte sei ihr ins Zimmer gefolgt und habe sie aufgefordert, ihm einen zu blasen. Sie habe ihm einen Vogel gezeigt. Er habe dennoch die Hose heruntergelassen und damit begonnen, sich selbst zu befriedigen. Bevor er zum Höhepunkt gekommen sei, habe er sie zum Oralverkehr gezwungen. "Ich habe ihm noch gesagt: Hör auf damit", sagt die 34-Jährige. Sich zu wehren, sei ihr nicht in den Sinn gekommen: "Ich hatte sowieso keine Chance, er war stärker."
Stärker und in der Vergangenheit laut zweier Pfleger, die am Donnerstag ebenfalls als Zeugen vor Gericht gehört werden, gelegentlich auch aggressiv: Beide berichten, dass dem Angeklagten, kurz bevor der Vorfall bekanntwurde, gekündigt worden war. Er sollte das Heim verlassen, weil er laut Aussage der Zeugen seine Medikamente nicht mehr regelmäßig nahm, unberechenbar war und oft randalierte. "Er war nicht mehr tragbar", sagt eine ehemalige Pflegeassistentin.
Sollten die Richter zu der Überzeugung kommen, dass der 33-Jährige die Tat begangen hat, werden sie auch zu prüfen haben, ob der Mann zum Zeitpunkt des Vorfalls überhaupt schuldfähig gewesen ist oder gegebenenfalls in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden muss. Der Prozess wird am Dienstag, 24. Januar, fortgesetzt.

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