"Frauen sind anders kreativ"

DAUN/BITBURG-PRÜM. Die Serie über ausgefallene Geschäftsideen kreativer Frauen machte deutlich: Sie sind genauso kompetent in wirtschaftlichen Dingen wie ihre männlichen Kollegen. Dennoch gibt es Unterschiede. Zum Abschluss der Serie sprach der TV mit den Gleichstellungsbeauftragten der Kreise Bitburg-Prüm und Daun, Edith Peters und Marita Singh.

Auf welche speziellen Probleme treffen Frauen, die sich selbstständig machen? Marita Singh: Frauen sind, wenn sie ein eigenes Geschäftsfeld aufbauen, im Allgemeinen älter als männliche Existenzgründer, weil sie zunächst die Familienphase hinter sich gebracht haben. Das hat Auswirkungen zum Beispiel auf die Kreditvergabe und Verhandlungen mit Banken, die schwierigersind. Bisweilen fehlt es auch an wasserdichten betriebswirtschaftlichen Konzepten, die jedem Geschäft zu Grunde liegen müssen. Edith Peters: Bei vielen steht ein persönlicher Umbruch im Hintergrund, etwa eine Scheidung. Und viele sind lange aus dem Berufsleben heraus, beziehungsweise haben Berufe erlernt, die ausschließlich der Dienstleistungssparte angehören. In der Regel sind ihre Unternehmen dann klein, aber laut Statistik langlebiger als durchschnittliche Existenzgründungen von Männern. Man darf nicht vergessen: Wenn viele im Alleingang selbstständig sind, ist das trotzdem für die Region eine enorme Wirtschaftskraft, die aufgebaut wird. Jedoch haben wir angesichts der Arbeitslosigkeit allgemein die Tendenz, das Frauenbelange in der Wirtschaft und in der Politik wieder zurückgedrängt werden. Können Sie aus Ihrer Arbeit als Gleichstellungsbeauftragte feststellen, dass es Unterschiede etwa in der Mentalität oder der Herangehensweise von weiblichen und männlichen Selbstständigen gibt? Marita Singh: Frauen planen häufig ihre selbstständige Existenz sehr viel vorsichtiger. Sie fangen klein, aber fein an. Sie neigen auch dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen, und da sage ich: Eigenlob stimmt! Sie sind es jedoch gewohnt, sich immer zuerst um die Familie und die Karriere ihrer Männer zu kümmern. Doch wenn sie loslegen, dann haben sie aus diesen Erfahrungen heraus viel zu bieten an Planungs- und Organisationstalent, an Kompetenz im Managen komplexer Situationen. Wenn sie erst in der Selbstständigkeit sind, tun sie das mit ungemein viel Herzblut und Beharrlichkeit. Dabei haben sie keinen "Tunnelblick" wie viele Männer, aber auf der anderen Seite manchmal auch zu hohe Anforderungen an sich selbst. Edith Peters: Aus meinen Erfahrungen lässt sich sagen, dass es den Prototyp der Gründerin oder Unternehmerin nicht gibt. Beim Aufbau des Geschäfts zählen jedoch tendenziell bei Frauen mehr die Werte der Persönlichkeit wie ihre Motivation. Wichtiger als bei Männern ist auch oft die soziale Einbindung, also ihre familiäre Situation. Zudem starten viele Frauen von ihrem Zuhause aus und mieten nicht gleich Räume an. Die beste und innovativste Idee ist jedoch zum Scheitern verurteilt, wenn nicht ausreichend Startkapital und die nötige Unterstützung der Familie gegeben ist. Aber für viele Frauen geht es nicht nur allein ums Geldverdienen, sondern auch darum, andere Seiten an sich zu entdecken und zu leben. Was passiert in der Eifel, um Frauen als Unternehmerinnen zu unterstützen? Marita Singh: Die IHK und die HWK haben spezielle Weiterbildungsofferten für Frauen, ebenso das Arbeitsamt. Auch die Wirtschaftsförderer engagieren sich. Aber generell könnte es überall noch gezielter sein. Am effektivsten dürften konkrete Netzwerke oder Mentorinnenprojekte sein, in denen Frauen von Gleichgesinnten Hilfe zukommt. Frauen können Frauen wohl besser beraten, weil sie näher an deren emotionaler und alltäglicher Realität sind. Ganz wichtig ist es auch, wie etwa durch die TV -Serie, den Frauen von erfolgreichen Gründungen zu berichten, damit mehr Mut und Selbstbewusstsein entstehen. Edith Peters: Wir sollten schon damit anfangen, unsere Sprache bewusster einzusetzen und Frauen nicht einfach immer nur mitzumeinen, wenn wir von Unternehmern reden. Ansonsten arbeiten wir nach positiver Erfahrung mit einem so genannten "Klüngelabend" in Trier daran, eine Plattform für den Austausch auch in der Eifel zu bauen. Es muss noch stärker in die Köpfe, dass gerade die Eifel als ländliche Region etwa im Tourismus oder in der Direktvermarktung und generell in Service-Berufen noch viele hervorragende Nischen gibt, die erfolgreich mit Geschäftsideen besetzt werden können. Auch die Unternehmensnachfolge im Mittelstand, der unsere Region prägt, ist ein gutes Feld für Frauen. S Die Fragen stellte TV-Mitarbeiterin Angelika Koch.

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