Freie Fahrt für Senioren: Verbandsgemeinde Speicher testet Rufbus - Sponsoren für Projekt gesucht

Speicher · Arztbesuche, Einkaufen oder Eis essen: Für Senioren und Schwerbehinderte gibt es viele Gründe, den neuen Rufbus der Verbandsgemeinde Speicher anzufordern. Fünf ehrenamtliche Fahrer bringen die Fahrgäste kostenlos ans Ziel. 14 Passagiere fuhren an den ersten drei Tagen der Testphase bereits mit.

 Das Rufbus-Team (von links): Ursula Berrens, Ernst Böker, Hans-Otto Hoffmann, Harald Knopp und Peter Reichertz. TV-Foto: Christian Moeris

Das Rufbus-Team (von links): Ursula Berrens, Ernst Böker, Hans-Otto Hoffmann, Harald Knopp und Peter Reichertz. TV-Foto: Christian Moeris

Foto: (e_bit )

Speicher. Mit einem Lächeln im Gesicht erzählt Rentner Hans-Otto Hoffmann von der älteren Dame, die er im Rufbus mitgenommen hat. "Immer wenn sie aussteigt, glaubt sie, dass sie ihren Haustürschlüssel verloren hat", sagt Hoffmann: "Ich sag: ‚Schauen Sie in Ihrer Handtasche. Da ist er drin.'"
Schließlich habe er ja gesehen, wie sie ihn da reingesteckt habe, so Hoffmann weiter. Der 64-jährige Rentner aus Speicher ist einer der fünf ehrenamtlichen Fahrer des neuen Rufbusses in der Verbandsgemeinde (VG) Speicher. Obwohl das Projekt erst vor drei Wochen gestartet ist, können Hoffmann und seine Kollegen bereits einige Anekdoten erzählen, die sie auf ihren Fahrten durch die VG erlebt haben. Das tun sie aber, ohne sich über die anderen Senioren lustig zu machen. Dafür liegen ihnen selbst die zwischenmenschlichen Begegnungen zu sehr am Herzen. Sie sind auch der Grund, warum sich die fünf Rentner ganz ohne Lohn hinters Steuer setzen und innerhalb der VG Senioren zum Arzt, zum Einkaufen oder zur Eisdiele fahren. "Es macht mir einfach Spaß, Menschen zu helfen", sagt Hoffmann. "Wenn es sein muss, tragen wir auch die Einkäufe oder stützen jemanden, der nicht mehr ganz sicher auf den Beinen ist, bis zur Haustür." Vor drei Wochen setzte sich der Rufbus zum ersten Mal in Bewegung. Jeden Dienstag ist er nun in der VG unterwegs. Hoffmann: "Einige Senioren warten jetzt schon sehnsüchtig auf den nächsten Dienstag, wenn sie mit uns wieder raus kommen."
Wer den Bus in Anspruch nehmen möchte, muss sich telefonisch anmelden. Hinter diesem neuen Testballon zur Verbesserung der Mobilität in der VG Speicher steckt wieder mal Ursula Berrens von der Caritas Westeifel. Auf Berrens' Konto gehen auch die preisgekrönten Mitfahrerbänke, ihr erster Vorstoß, um die Mobilität in der VG zu verbessern (der TV berichtete).
Doch ihre neue Idee, der kostenlose Rufbus, richtet sich ausschließlich an Senioren. "Selbst wenn sie einen der wenigen Busse erwischen, die in der VG fahren, schaffen sie es wohl kaum, so eine Kiste Sprudel nach Hause zu transportieren", sagt Berrens.
Verantwortlich für den Rufbus ist die Verbandsgemeinde. Harald Knopp, Fachbereichsleiter der VG, erklärt: "Die Fahrer sind über uns versichert, und wenn ein Problem auftaucht, klären wir das." Den Bus stellt das Altenheim Marienhof in Speicher zur Verfügung. Doch das Projekt hat eine Finanzierungslücke. "Wir suchen noch Sponsoren für die Benzinkosten", so Berrens. An den ersten drei Fahrtagen legte der Bus zusammen 240 Kilometer zurück. Doch derzeit befindet er sich noch in der dreimonatigen Testphase.
Ob der Bürgerbus also auch in der Zukunft regelmäßig über die Straßen der VG rollt, darüber entscheidet die Zahl der Fahrgäste. An den ersten drei Fahrtagen waren es 14 Fahrgäste. Knopp: "Die Tendenz ist schon klar und zeigt, dass es weitergeht." cmo

Der Bürgerbus fährt jeden Dienstag zwischen 9 und 17 Uhr. Anmeldungen nimmt die Verbandsgemeindeverwaltung, Telefon 06562/640, während der Öffnungszeiten entgegen. Fahrten müssen bis zum Vortag angemeldet werden.Meinung

Wegweisendes Projekt
Kein Bus fährt, man sitzt fest: Das Leben auf dem Land hat seine Nachteile. Nach der Mitfahrerbank, die mittlerweile in die Serienproduktion gegangen ist, experimentieren die Speicherer nun mit dem Rufbus, um ihr Mobilitätsproblem in den Griff zu bekommen. Die hilfsbereiten Rentner, die hinter dem Steuer sitzen, machen vor, wie man gesellschaftliche Probleme ehrenamtlich bewältigen kann. Sie zeigen, dass Ehrenamtliche auf weitaus mehr Betätigungsfeldern agieren können, als bislang bekannt: Nicht nur in der Feuerwehr oder bei der Betreuung alter Menschen können sie ihre Fähigkeiten einbringen. Das ist wegweisend. c.moeris@volksfreund.de

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