Dorfleben Frisch gezapft gegen den Trend

BICKENDORF · Scheinbar unaufhaltsam zieht das Kneipensterben durch die Dörfer. Das galt lange Zeit auch für Bickendorf, wo vor 15 Jahren das letzte Gasthaus geschlossen wurde. Mit dem „Bickendorfer Büdchen“ gibt es nun einen neuen Treffpunkt.

 Und Prost! Dietmar Tures (links) und Jens Bisenius haben vor wenigen Tagen ihr Bickendorfer Büdchen eröffnet. Nach 15 Jahren gibt es damit im Dorf endlich wieder eine Kneipe.

Und Prost! Dietmar Tures (links) und Jens Bisenius haben vor wenigen Tagen ihr Bickendorfer Büdchen eröffnet. Nach 15 Jahren gibt es damit im Dorf endlich wieder eine Kneipe.

Foto: Uwe Hentschel

„Setzt Ihr euch doch schon mal an den Tisch“, sagt Dietmar Tures. „Ich komme dann auch gleich.“ Doch daraus wird nichts. Tures wird hinter der Theke gebraucht. Das Bickendorfer Büdchen hat gerade erst geöffnet, schon tummeln sich die ersten Gäste im Umfeld des Zapfhahns. Und alle paar Minuten kommen welche hinzu. Gut gelaunt zapft der Wirt ein Pils nach dem anderen.

„Wir haben bewusst für den heutigen Abend keine Werbung gemacht, weil wir dem Maibaumfest im Dorf nicht dazwischenfunken wollten“, sagt Jens Bisenius. So wie es aussieht, war Werbung aber auch nicht nötig. Denn dass Bisenius und Tures vor wenigen Tagen in Bickendorf eine neue Kneipe eröffnet haben, hat sich längst über die Gemeindegrenze hinaus herumgesprochen.

Zur Premiere war der Laden gerammelt voll. Am Tag darauf auch. Die beiden Wirte hätten nichts dagegen, wenn es so weiterginge. Wobei sich Bisenius da auch keine Illusionen macht. Dass der Ansturm mit der Zeit wahrscheinlich wieder etwas nachlassen wird, dessen sind sich beide bewusst. „Wir haben da schon eine Stange Geld investiert“, sagt er. „Ob wir das wieder reinbekommen, werden wir sehen.“

Die beiden Unternehmer haben eigentlich mit Gastronomie in ihren Firmen nichts zu tun. Nun stehen sie trotzdem abwechselnd hinter der Theke. Das allerdings auch nur in der Anfangszeit. Danach soll der Betrieb weitgehend Personal überlassen werden.

Dort, wo jetzt Bier gezapft, Bundesligaspiele oder Formel-1-Rennen auf zwei großen Bildschirmen übertragen werden, war früher eine Vermittlungsstation der Telekom beziehungsweise Post. Als das Gebäude für diesen Zweck nicht mehr benötigt wurde, hat Tures es gekauft. Mehr als zwei Jahrzehnte diente das Haus am Bickendorfer Ortsrand als Proberaum der Coverband Stagefrifght. Zum Proben war der Bau aus den 60er Jahren ideal: dicke Wände, keine Fenster.

Die dicken Wände sind geblieben. Ansonsten aber wurde alles erneuert und auch Fenster eingebaut. Durch die sieht man jetzt auf die neue Terrasse, die in den kommenden Wochen ebenfalls fertig werden soll. Auch eine E-Bike-Ladestation gibt es. Nicht weit vom Bickendorfer Büdchen entfernt verläuft nämlich der Nimstal-Radweg.

Vor 15 Jahren hat in Bickendorf das letzte Gasthaus geschlossen. Und auch in den Nachbardörfern haben in den vergangenen Jahren viele Gastronomiebetriebe dichtgemacht. Dabei bräuchten die Menschen doch einen Ort, an dem sie sich treffen und austauschen könnten, sagt Bisenius. Und das sei auch der Grund, warum er und Tures sich zu diesem Vorhaben entschlossen hätten. Die Idee dazu sei im vergangenen Jahr bei einer Runde Skat gekommen, erinnert er sich. Und ziemlich schnell sei dann aus dieser Idee ein konkretes Projekt geworden.

Viel Geld in eine komplett neue Kneipe mit hochwertiger Einrichtung zu stecken, während rundherum auf dem Land die Gaststätten schließen, ist durchaus gewagt. Bisenius und Tures sind aber überzeugt, dass das Konzept in Bickendorf funktionieren kann. Zumal es dort ohnehin ein sehr reges Dorfleben gebe. „Wir wissen, dass wir mit unserem Büdchen gegen den Strom schwimmen“, sagt Bisenius. „Aber ein Dorf ohne Kneipe ist für mich kein Dorf.“

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