Frühschoppen, Kartenspieler, Zigarren und wartende Ehefrauen

Ein Stück Bitburger Gastronomie-geschichte geht zu Ende: Gisela Plein schließt die Türen des traditionsreichen Hotel Plein. Sie arbeitete ein halbes Jahrhundert im Familienbetrieb.

 Seit 50 Jahren steht sie hinter dem Tresen im Bitburger Hotel Plein: Gisela Plein, deren Vater aus der Gaststätte das Hotel machte. TV-Foto: Bettina Bartzen

Seit 50 Jahren steht sie hinter dem Tresen im Bitburger Hotel Plein: Gisela Plein, deren Vater aus der Gaststätte das Hotel machte. TV-Foto: Bettina Bartzen

Bitburg. 1840: In London heiratet Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha die britische Königin Viktoria. Friedrich Wilhelm August Fröbel eröffnet den ersten Kindergarten in Deutschland. Die erste Briefmarke der Welt, die One Penny Black, erscheint. In Deutz bei Köln wird August Bebel, der spätere deutsche Führer der Arbeiterbewegung, geboren. In Leipzig erlebt die zweite Sinfonie von Felix Mendelssohn Bartholdy ihre Uraufführung. Und in Bitburg eröffnet Hugo Friedrich Wallenborn aus Kyllburg die Gastwirtschaft Wallenborn.

Wallenborn war der Sohn des Gründers der heutigen Bitburger Brauerei. Johannes Plein aus Speicher übernahm 1933 die Gaststätte und baute 1954 das Gebäude zu einem Hotel um, das immer ein Familienbetrieb war.

"Eigentlich wollte ich nach der Handelsschule in einem Büro arbeiten", erinnert sich seine Tochter Gisela Plein. Doch daraus wurde nichts. Sie "rutschte" 1961 in den Familienbetrieb hinein - und ist dort geblieben.

"Es hat sich eben so ergeben", bemerkt sie so ganz nebenbei. Zwischen Arbeit und Freizeit gab es keinen Unterschied. Von morgens früh bis abends spät, sieben Tage die Woche. Der Ruhetag am Samstag kam erst später.

Die Gaststätte war seit jeher ein Vereinslokal. Mitglieder des Männergesangsvereins, des Turnvereins oder der Kulturgemeinschaft trafen sich mehr als 30 Jahre lang einmal pro Woche. Nicht nur die Tische waren in der Gaststätte immer besetzt; auch die Fremdenzimmer waren immer belegt. Monteure und Geschäftsleute übernachteten regelmäßig im Hotel Plein. Handelsreisende machten eigens wegen des guten Rauchfleischs einen Umweg nach Bitburg.

Menschen ganz nah



"Unsere Stammgäste brauchten keine Speisekarte", erzählt Gisela Plein. Mit der Zeit lernte sie nämlich die Vorlieben sämtlicher Gäste kennen. Ihr Bruder Egon fungierte als Koch; seine Eifeler Schlachtplatte und seine dicken Bohnen mit Speck waren die Renner auf der Speisekarte.

Zum sonntäglichen Frühschoppen trafen sich die Männer zum Kartenspielen, rauchten Zigarren und blieben manchmal bis in den Abend. "Die Frauen warteten oft vergeblich auf ihre Männer zum Mittagessen. Das wäre heute nicht mehr möglich", schmunzelt Gisela Plein. In den 60er Jahren war der Frühschoppen Männersache. Die freundliche Gastwirtin war allein unter Männern - das war ganz normal für sie.

Lange Jahre führte sie das Hotel gemeinsam mit ihrem Bruder Egon. "Nach seinem Tod war ich allein. Deshalb habe ich nur noch die Gaststätte gemacht", erzählt sie. Das Hotel war für Gisela Plein ihr Leben. Jetzt hat sie endlich Zeit für ihr Hobby Lesen und kann ihren Tag nach Gutdünken gestalten. Aber ihre Gäste vermisst sie schon. "Man ist eben nicht mehr mitten im Geschehen", bemerkt sie nachdenklich. beba

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