Fünf Köpfe – viele Vorschläge

WINTERSPELT. Ärztemangel in der Eifel: Rund 100 Menschen haben das TV-Forum zum Thema in Winterspelt besucht. Knapp drei Stunden lang diskutierten Vertreter der Ärzteschaft, der Krankenkasse und des Ministeriums.

"Hier riecht es ja wie beim Zahnarzt", witzelte Edith Baur, Ortsbürgermeisterin von Bleialf, beim Betreten des Winterspelter Gemeindehauses. Zusammen mit Gerald Gass, Abteilungsleiter beim Sozialministerium in Mainz, Dr. Carl-Heinz Müller, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland Pfalz, Dr. Burkhard Zwerenz, Vorsitzender des Hausärzteverbands Rheinland-Pfalz und Walter Bockemühl, Vorsitzender der AOK Rheinland Pfalz, bestritt sie an diesem Abend die Podiumsdiskussion, moderiert von TV-Redakteur Marcus Hormes. Der wies in seiner Einführung darauf hin, dass die lückenhafte ärztliche Infrastruktur längst kein Bleialfer Problem mehr sei, sondern bald in der ganzen Eifel akut werde. Für rund 6500 Einwohner stehe im Augenblick mit Dr. Horst Klein nur ein Arzt bereit. Das sei zu wenig, sagte Edith Baur stellvertretend für die anderen 17 Ortsbürgermeister, die schon einen "Brandbrief" unterzeichnet haben, der diese Entwicklung anprangert. "Kranke Menschen bleiben auf der Strecke", kritisierte sie. Gerade die Generation, die dafür gesorgt habe, dass es "uns allen besser geht", werde nun im Stich gelassen. Das Problem sei nicht mehr nur punktuell, da das Durchschnittsalter der Ärzte steige, weiß Müller. Die Frage werde sein, ob man den bisherigen Standard halten könne, oder ob, wie früher, wieder der Röntgenbus fahren müsse. Ob man denn im Ministerium registriert habe, dass in der Eifel sich die Lage zuspitze, wollte Hormes von Gass wissen. Die Zahl der niedergelassenen Ärzte in Rheinland-Pfalz liege deutlich höher als noch vor zehn Jahren, antwortete dieser. In Prüm gebe es eine ordentliche Versorgung, und für Bleialf sei er optimistisch. Verlässliches Honorar statt "Muschelwährung"

Zwerenz und Müller kritisierten, dass die Ärzte erst nach drei bis sechs Monaten erführen, wie viel Geld sie verdienten. Budgetierung und Fallzahlenbegrenzung machten eine Planung unmöglich. Müller forderte, dass Ärzte verlässliche Honorare bekommen und nicht länger in "Muschelwährung" bezahlt werden sollen. "Wer zwölf Stunden arbeitet, soll auch zwölf Stunden bezahlt bekommen", sagte Zwerenz. Außerdem kritisierte er, dass über jedem Hausarzt das Damoklesschwert der Krankenkassen-Regressforderungen hänge. Bockemühl verwies auf enorme Summen, die die AOK bereits für den ambulant-ärztlichen Bereich ausgebe, und betonte, dass der Geldtopf nicht in beliebiger Höhe zur Verfügung gestellt werden könne. Gass erklärte, dass der Gesetzgeber ein neues Honorarsystem formuliert habe, das im Januar 2009 in Kraft treten soll. Außerdem werde es Zu- und Abschläge geben. Landärzte könnten mehr bekommen als Ärzte in Ballungsgebieten. In Zukunft sei es möglich, Ärzte anzustellen. Da zur Zeit mehr Frauen als Männer Medizin studieren, wolle man Ärzten ermöglichen, Teilzeit zu arbeiten. Doch nicht nur Kritisches war zu hören, sondern auch Wünsche und Lösungsansätze. Der Bereitschaftsdienst soll so organisiert werden, dass Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen sind. Das Ministerium wäre bereit, eine Bereitschaftsdienstzentrale im Prümer Krankenhaus finanziell zu unterstützen. Gass regte an, auch die Kilometerpauschale für Landärzte zu überdenken. Weitere Überlegungen: Ein Förderkonzept für junge Ärzte in der Ausbildung und der Gedanke, Sicherstellungszuschläge für ländlich unterversorgte Gebiete innerhalb eines Planungsbereichs zu zahlen. Bockemühl unterbreitete AOK-spezifische Angebote an die Ärzte. Zwerenz bot an, jungen Ärzten bei einer Praxisübernahme kollegial unter die Arme zu greifen. Edith Baur bot an, seitens der Ortsgemeinde das Möglichste zu tun.

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