"Fünf Prozent Sehkraft wäre der Himmel"

BITBURG/PELM. Eine Sonderseite Eifeler "KLASSE!"-Schüler über ihre Behinderung bewegte blinde Menschen aus der Region dazu, dem TV ihren Alltag zu schildern.

Etwa 200 Menschen in der Region sind im Blinden- und Sehbehinderungsverband Trier zusammengeschlossen. Eine "KLASSE!"-Seite des TV , bei der Schüler einen Artikel über blinde Menschen recherchiert und geschrieben haben, brachte einige von ihnen auf die Idee, eigene Erfahrungen mitzuteilen. "Das war ein guter Bericht. Schade, dass man uns nicht dazu gefragt hat", sagt Adolf Pott aus Mettendorf, der zusammen mit einigen Mitgliedern dem TV Rede und Antwort steht. Dazu gehören Horst Winandy, der Vorsitzende des Bitburg-Prümer Blindenverbands, Herbert Magerl aus Pelm als Vorsitzender des Kreises Daun sowie Inge Schäfer aus Bitburg.Zusammenhalt besonders wichtig für die Gruppe

Eine muntere Gruppe von Menschen, denen man ihre Behinderung auf den ersten Blick nicht ansieht. Die Gruppe trifft sich mehr oder weniger regelmäßig: "Alle zwei Monate sind wir im Altenheim in Bitburg und unterhalten uns mit den alten Menschen dort", erzählt Inge Schäfer, die zudem auf das Frauentreffen in Trier hinweist. Eine fest eingerichtete Zusammenkunft ist monatlich in Prüm. "Erfahrungsaustausch und der Zusammenhalt in der Gruppe sind für uns besonders wichtig", betont Herbert Magerl. "Sicher können Sie sich nicht vorstellen, dass Blinde Kegeln können?", fragt Inge Schäfer und erklärt bereitwillig, wie man sich am Seil, dass am Anfang der Bahn gespannt ist, orientiert. "Das Aufschreiben der gefallenen Kegel übernimmt natürlich eine sehende Person", sagt Schäfer. So weit haben die Blinden noch wenige Probleme, aber im Straßenverkehr, da gibt es oft gefährliche Situationen. "Vor allem, wenn man alleine unterwegs ist. Das ist nervenaufreibend", weiß Magerl. "In Bitburg gibt es eine akustische Fußgängerampel, das ist sehr gut", sagt er, "aber in Orten, in denen es die nicht gibt, kommt es vor, dass man den anderen Fußgängern einfach nachgeht, obwohl die Ampel noch rot ist, da ich mich auf mein Gehör verlasse." "Eine andere Gefahr sind die Radfahrer. Die hört man nicht, und eine unbedachte Bewegung oder Richtungsänderung birgt große Gefahren für beide", sagt Adolf Pott, der an diesem Tag von seiner sehenden Ehefrau Franziska begleitet wird. Dass alle am Straßenverkehr Beteiligten mehr die Blindenstöcke beachten sollen, ist der Wunsch der Blinden. "Radfahrer sollen klingeln, wenn sie sich nähern", sagt Magerl. Durch Überbelastung sind bei ihm Netzhautblutungen entstanden, und so ist die Sehkraft verloren gegangen. Heute ist er als "schwachsehend" eingestuft. Adolf Pott, Vorsitzender des Trierer Blindenverbandes, leidet an Retino Patia Pigmentosa, einer Netzhautkrankheit, bei der die Pigmentschicht abstirbt. "Ein übergangener Schnupfen kann schon zum Erblinden führen", berichtet Pott.Computer und sprechende Uhren

Erblindeten Menschen wieder Mut zu machen, ist ein Ziel des Blindenverbandes. Um den Alltag möglichst alleine bewältigen zu können, stehen blinden Menschen heute zahlreiche Hilfsmittel zur Verfügung: Computer mit Sprachausgabe, die zuvor eingescannten Text vorlesen, oder sprechende Uhren zum Beispiel. "Nur das Handy ist ein Problem, das können wir nicht bedienen, und die, die für Blinde gemacht sind, sind viel zu teuer", erläutert er. Der normale Sprachgebrauch ist aber geblieben, erklären die Mitglieder der Gruppe. "Wir ,gucken‘ Fernsehen, auch wenn wir nur hören, oder wir werden gefragt: ,Hast du meine Frau gesehen?‘", sagt Pott. Eines steht für alle jedoch fest: "Wenn wir fünf Prozent sehen könnten, das wäre der Himmel für uns. Wenn aber ein gesunder Mensch plötzlich nur noch zehn Prozent sieht, ist das zunächst das Ende." Informationen bei Adolf Pott, 54657 Mettendorf, Telefon 06522/489.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort