"Fundstücke" aus drei Jahrhunderten

Mit Minnegesang des 12. bis 15. Jahrhunderts begeisterte das Berliner Duo "Fundevogel" erst kleine und dann große Gäste des Kulturfestivals SommerHeckMeck auf Schloss Hamm. Das Musikerehepaar Hans Hegner und Ursel Peters rückte mit zwei anspruchsvoll, unterhaltsam, witzig und sehr lehrreich gestalteten "Reisen" das ferne Mittelalter in (be)greifbare Nähe.

 Hans Hegner und Ursel Peters begeistern auf Schloss Hamm. TV-Foto: Anke Emmerling

Hans Hegner und Ursel Peters begeistern auf Schloss Hamm. TV-Foto: Anke Emmerling

Hamm. (ae) Nach "Fundevogel", einem alten Märchen um zwei Findelkinder und ihre magischen Verwandlungen, hat sich das Musikerpaar Hans Hegner und Ursel Peters benannt. Passt dazu schon ihre äußere Erscheinung mit mittelalterlichen Gewändern und historischen Instrumenten wie Drehleier, Schalmei und Cister, so noch viel mehr das Repertoire, mit dem sie im Rittersaal von Schloss Hamm begeistern. Es ist eine das 12. bis 15. Jahrhundert umfassende Auswahl von nur als Texten überlieferten "Fundstücken" aus Minne-, geistlichen Liedern oder strophischer Epik, die Walther von der Vogelweide, Friedrich von Hausen, Neidhart von Reuental, Wizlaw von Rügen und Oswald von Wolkenstein als "Zuhörmusik" für ein kultivierteres höfisches Publikum gedichtet haben. Hans Hegner, den der Besuch eines Konzertes der Mittelalter-Folk-Gruppe Ougenweide kurz vor seinem Abitur zu einem Studium der Älteren Germanistik bewegte, hat mit diesen Texten wissenschaftlich gearbeitet, immer mit dem Ziel, sie irgendwann auf die Bühne zu bringen. Entsprechend fundiert und professionell fallen sowohl musikalische Interpretationen als auch Erklärungen des Künstlers aus, der Schulvorträge über Minnegesang hält und regelmäßig an Veranstaltungen wie dem Sängerstreit auf der Wartburg teilnimmt. Auf Schloss Hamm fesselt er zudem mit Witz und Unterhaltsamkeit. Jedem mittelhochdeutschen Original wird die Rezitation einer hochdeutschen Übersetzung zur Seite gestellt. So genießt das Publikum zum Beispiel ein in wechselnden Rollen gesprochenes pfiffiges Wortgefecht, in dem eine edle Dame den Schmeicheleien ihres sie anbetenden Ritters standhaft trotzt, um ihm den Sinn der Minne zu lehren, sich in höfischen Sitten zu vervollkommnen. Vieles, was Fundevogel in teils zweistimmigem, manchmal leicht orientalisch anmutendem Gesang zu Gehör bringt, klingt weise bis erstaunlich aktuell. So ein Klagelied Walthers von der Vogelweide über das Altern, oder dessen satirische Betrachtungen über dumme und vorlaute Zeitgenossen. Ursel Peters begleitet schwärmerische Liebeslyrik bis "Minne-Kabarett" auf sehr sensible Weise mit der Cister, einem zehnsaitigen Instrument, das es seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr gibt. Dabei steht weniger Melodie als Stimmung im Vordergrund. Melodien seien außer bei etwa 30 rheinischen "Coverversionen" französischer Vorbilder nicht überliefert, erklärt Hegner und: "Schon zu seiner Entstehungszeit lebte der Minnegesang vom individuellen Stil des einzelnen Sängers". Genau das behält sich Fundevogel auch vor und schafft dadurch eine seinem Namen gerecht werdende magische Wandlung historischen in aktuell ansprechendes Liedgut. Informationen über Minnegesang und entsprechende Veranstaltungstermine stellt Hans Hegner im Internet unter www.hanshegner.de bereit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort