Fußgänger absichtlich angefahren - Gericht verurteilt 22-Jährigen

Bitburg · Das Amtsgericht Bitburg hat einen 22-Jährigen zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Obwohl bis zuletzt Aussage gegen Aussage stand, hält Richter Udo May es für erwiesen, dass der Mann zwei Fußgänger bewusst angefahren hat.

Fußgänger absichtlich angefahren - Gericht verurteilt 22-Jährigen
Foto: Armin Weigel (dpa)

Bitburg. Links sitzt der Angeklagte. Ein untersetzter 22-Jähriger in schwarzem Anzug, der dem Prozess mit ernster Miene und gesenktem Blick beiwohnt.
Rechts sitzt der Zeuge - ein 25-Jähriger in Jeans und Ringelpulli, der den Sprechenden interessiert in die Augen schaut. Die Narben, die die Geschehnisse am frühen Morgen des 9. Dezember 2012 auf seinen Händen zurückgelassen haben, sind deutlich zu erkennen.
Bis zuletzt steht in diesem ungewöhnlichen Prozess vor dem Bitburger Amtsgericht Aussage gegen Aussage. Bis zuletzt lautet die wesentliche Frage: Wer von den beiden ist Täter, wer ist Opfer?
Eine Frage, auf die Richter Udo May eine deutliche Antwort gefunden hat. Er ist überzeugt, dass der Angeklagte sich der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht hat, indem er sein Auto als Waffe einsetzte. Das Amtsgericht verurteilte den 22-Jährigen daher am Montag zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe. Zudem wird ihm sein Führerschein entzogen.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft und des Gerichts spielte sich unweit einer Tabledance-Bar am Bitburger Flugplatz Folgendes ab: Der junge Bitburger fuhr mit seinem BMW und 1,75 Promille Alkohol im Blut die schneebedeckte Messerschmittstraße entlang, als er auf vier Fußgänger traf, die auf der Straße liefen. Er ließ den Motor aufheulen, um die Männer dazu zu bringen, ihm Platz zu machen. Einer davon zeigte ihm "einen Scheibenwischer".
"Der Angeklagte hat daraufhin alkoholbedingt enthemmt auf dicke Hose gemacht", sagt der Richter. Er sei aus seinem Auto gestiegen und habe zum Schlag ausgeholt. Dabei sei er jedoch auf der glatten Straße ausgerutscht, hingefallen und habe sich am Hinterkopf verletzt.Auf Motorhaube mitgeschleift


Anschließend ist der 22-Jährige nach Ansicht des Gerichts in sein Auto gestiegen und hat es auf die Gruppe zugesteuert. Einer der vier Fußgänger rettete sich mit einem Sprung und erlitt Verletzungen an Wirbelsäule und Hüfte. Doch der Angeklagte habe neuen Anlauf genommen: Einen 25-Jährigen soll er angefahren und etwa 100 Meter auf der Motorhaube mitgeschleift haben, ehe er ihn in einer Kurve abwarf. "Ich habe mehrfach auf die Windschutzscheibe gehauen", sagte dieser in einer der beiden vorausgehenden Sitzungen, "ich habe gedacht, das überlebe ich nicht." Der Mann erlitt unter anderem Schnittwunden und eine Schädelprellung.
Daraufhin hat der Angeklagte nach Ansicht Mays die Flucht nach vorne ergriffen, die Polizei alarmiert und sich selbst als Opfer dargestellt. "Sie haben schwerste Verletzungen, ja vielleicht sogar den Tod eines Menschen in Kauf genommen", sagte der Richter beim Urteilsspruch. Mildernde Umstände konnte er keine erkennen.
Der 22-Jährige und sein Anwalt erzählten bis zuletzt eine andere Version der Geschichte: Der Bitburger sei von den vier Männern angegriffen worden und habe aus Notwehr gehandelt. Der Zeuge sei selbst auf die Motorhaube gesprungen, um auf die Windschutzscheibe einzuschlagen. Weder die Staatsanwältin Daniela Gregarek, noch der Anwalt der Fußgänger, noch das Gericht fanden diese Darstellung plausibel - unter anderem, weil der Angeklagte bei der Polizei und vor Gericht widersprüchliche Aussagen zum Hergang machte. Zudem hielten sie die Aussagen der vier Fußgänger für glaubwürdig - sie hätten das Geschehen (anders als der Angeklagte) nicht nur differenziert, sondern auch emotional geschildert. Weitere Beweisanträge des Verteidigers lehnte das Gericht ab. Auch vermeintliche Ungereimtheiten, die er beim zeitlichen Ablauf der eingegangenen Notrufe anführte, hielt es für irrelevant. Zumal sich am Montag zeigte, dass der erste Notruf der vier Männer tatsächlich einige Minuten vor dem Notruf des Angeklagten eingegangen war.
"Natürlich wollte ich das nicht. Es ist schnell passiert und war schnell vorbei", sagte der 22-Jährige zu seiner Entschuldigung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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