Gäßestrepper-Taufe: Die Pater mit dem Gefühl für die Eifeler Prise

Bitburg · Allein die Herstellung des Taufwassers ist ein Spektakel. Allerdings eins, das den speziell dafür auserkorenen Patern vorbehalten ist. Dass es dabei feucht-fröhlich zugeht, steht außer Frage. Nach der Devise "wir lassen keine Kneipe aus" tritt das Team heute beim Gäßestrepperfest wieder an, um drei verdiente Bürger zu echten Beberiger Jungen zu taufen.

 Drei, die wissen, wie es geht: Die Bitburger Pater Wolli Gasper, Karli Bosse und Wolfgang Molli Molitor rühren das Taufwasser nach Geheimrezeptur an. TV-Foto: Dagmar Schommer

Drei, die wissen, wie es geht: Die Bitburger Pater Wolli Gasper, Karli Bosse und Wolfgang Molli Molitor rühren das Taufwasser nach Geheimrezeptur an. TV-Foto: Dagmar Schommer

Bitburg. Die genaue Rezeptur des Taufwassers wird gehütet wie ein Schatz. "Die Brühe ist so was wie das Rezept von Coca-Cola. Streng geheim", sagt Wolfgang Molitor, einer der Beberiger Taufpater. Im Garten von "Mitbruder" Karli Bosse findet sich das Team das ganze Jahr über jeden ersten Mittwoch im Monat zusammen, um das Gäßestrepperfest vorzubereiten. Gut Ding will Weile haben. Schließlich ist die Taufe der Höhepunkt des kleinen Festes.Bürgermeister und Banken-Chefs


"Wir haben das mal aus Blödsinn angefangen", erzählt Bosse - der Mann, der mit Schuhgröße 52 wortwörtlich auf großem Fuß lebt. "Deshalb fall ich auch nicht so leicht um", erklärt er. Umfallen ist nicht seine Sache. Das gilt auch für die acht weiteren Patres. Standhaft ist die Beberiger Taufgemeinschaft, trinkfest, heiteren Gemüts und voller Leidenschaft für die Heimatstadt. Bewerben kann man sich nicht, man wird berufen. Gleiches gilt für die Täuflinge (siehe Extra).
Die Ehre, sich beim Gäßestrepperfest in einen Pranger einzwängen zu lassen - eine beklemmende Angelegenheit, der TV hat\'s getestet -, um dann mit der geheimen Brühe übergossen zu werden, haben schon knapp 200 Persönlichkeiten empfangen, beziehungsweise über sich ergehen lassen. Unter ihnen vier Bürgermeister - von Theo Hallet über Horst Büttner und Joachim Streit bis hin zum Amtsinhaber Joachim Kandels -, Brauerei-Mann Axel Simon, die Banken-Chefs Ingolf Bermes, Peter Bersch und Andreas Theis sowie Gewerbevereinsvorsitzender Edgar Bujara kennen die Prozedur, die bei Zuschauern gemischte Gefühle zwischen Schadenfreude, Ekel und Begeisterung weckt.
In einer Laudatio werden nicht nur die Wohltaten des Täuflings für die Allgemeinheit aufgelistet, sondern die Geehrten müssen, was auch immer sie gefragt werden, alles mit "alt joh" bestätigen. "Widerspruch wird nicht geduldet. Wer A sagt, muss auch B sagen", erklärt Bruder Wolfgang Gasper. Keine leichte Aufgabe für die tropfnassen Täuflinge im Pranger, deren innere Haltung auf eine harte Probe gestellt wird.Bohnenkraut und Balsam


Einige Zutaten, die sich das Trio dann im Garten von Bosse entlocken lässt, geben einen Eindruck, was Heimatliebe heißen kann. "Wichtig ist natürlich Wasser aus Kyll und Nims, das fahren wir morgens frisch schöpfen", sagt Bosse und Molitor ergänzt: "Wenn wir Glück haben, sind auch ein paar Kaulquappen drin." Dazu kommt Bier - eigentlich ein einziges Stubbi, aber wie Gasper erklärt, nimmt das Team grundsätzlich die fünffache Rezeptmenge, um sicher zu sein, dass das Taufwasser auch reicht.
Dazu kommen exakt 287 Gramm Bohnenkraut und je eine Prise Beifuß, Salz, Pfeffer und Petersilie. "Wir sind ja am Pittischplatz, da passt Petersilie doch wunderbar", erklärt Bosse, der aber auch vor Kräutern der Provence nicht zurückschreckt. Das Ganze wird mit einem Schuss Batralzem abgeschmeckt - ein Eifeler Schnaps aus Wermut, der für die meisten schwer genießbar ist, weshalb er auch liebevoll Balsam genannt wird. "Wie viel eine Prise ist, haben wir im Gefühl", erklärt Gasper. Wer die Pater schon mal in Aktion erlebt hat, weiß, dass eine Prise Gefühl bei diesem Team auch schon mal schnell ein ganzer Eimer sein kann. Aber mit Gutem soll man nicht geizen.Beberiger und Bierchen


"Nur das Bohnenkraut, das juckt ganz schrecklich", sagt Bosse. Mitleid mit den Täuflingen hat er deshalb aber nicht. Im Gegenteil. Gerne wird es von den Patern gesehen, wenn die Geehrten sich im Anschluss an die feucht-fröhliche Prozedur mit ein paar Bierchen für die empfangene Weihe bedanken. Immerhin werden sie ja aus dem Pranger befreit und ziehen unbeschwert und erleichtert in ein neues Leben als "echter Beberiger".
Heute Morgen macht sich das Team in Mönchskutten wieder auf zu Kyll und Nims . Dabei ist der Weg das Ziel. "Wir lassen keine Kneipe aus", sagen die Pater und das darf man ihnen glauben. Sie freut, dass aus ihrer Initiative über die Jahre eine Tradition geworden ist und die Taufe längst als Ehre empfunden wird. Gelassen sagen die Patres: "Die Täuflinge gehen uns nicht aus. Hier gibt es genug engagierte Leute."
Parallel zum Gäßestrepperfest ist dieses Wochenende Auto-Festival auf Merlick mit buntem Programm für die ganze Familie. Am 7. September ist in der Innenstadt und in den Autohäusern verkaufsoffener Sonntag.Extra

Gisela Nospes: Als Wirtin im Loum ist sie bekannt und hat das Gäßestrepperfest Jahr für Jahr aus der Perspektive vom Bierwagen erlebt. Die Pater erklären: "Mal abgesehen davon, dass sie sich auch ehrenamtlich engagiert, ist sie ein Original und hat denen in Berlin bei einer Fahrt auch mal beigebracht, wie man so ein echtes Bitburger Pils zapft." Günter Ewertz ist unter anderem Leiter des Offenen Kanals Bitburg und für das Bürgerfernsehen ist er schon Jahrzehnte im Einsatz. Ob Feste und Feiern oder Ausstellungen und Konzerte: Der offene Kanal ist da, wo die Menschen sind. Die Patres sagen: "Der war schon länger reif, die Weihe zu empfangen. Überreif sozusagen. Jetzt ist er dran." Günter Jammermann leitet unter anderem das Akkordeonorchester Bitburg. Und Akkordeonspieler liegen den sangesfrohen Patres sehr am Herzen. Die Patres sagen: "Nach den schrägen Akkordeonklängen von Wolli Gasper singen wir ja, wir bauen auf Nachwuchs." Dazu erklärt Mitbruder Gasper: "Ich spiele so schrägt wie ihr singt, damit es halbwegs passt." schoExtra

"Bist Du bereit, die Auszeichnung Beberiger Gäßestrepper mit Stolz zu würdigen, zu achten, zu ehren, Dich bei der Taufe nicht zu wehren und nach der Prozedur von uns Patern, die da stehen hier, spendieren ein paar Runden Bier - so drei und vier -, so antworte singend mit Alt joh. Beuge Dein Haupt, um zu empfangen die Wasser von Kyll, Nims und Bier. Wir wünschen Dir, dass Du von Millionen Menschen so geliebt wirst wie das Bitburger Bier."Extra

Treffpunkt Petersplatz: Damit die Zuschauergemeinschaft spätestens zur Taufe in etwa genau so gut gelaunt ist, wie die Patres, beginnt das Programm auf dem Petersplatz heute, 6. September, schon um 11 Uhr - die Zeit, zu der die Patres sich auf zu Nims und Kyll machen. Es spielen Orchester, Bands und Unterhaltungsmusiker, bis um 16 Uhr die Taufgemeinschaft mit Pferdekutsche samt Täuflingen die Hauptstraße hinaufrollt - begleitet vom befreundeten Hansenorden St. Goar, der inzwischen einige Bitburger Mitglieder zählt, und den Gerolsteiner Stadtsoldaten. scho

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort