Gedenkstein erinnert an Mord im Wald

Birresborn/Salm · Nahe der kleinen Siedlung Rom ist vor mehr als 90 Jahren ein Verbrechen geschehen, an das noch heute ein Gedenkstein erinnert. Ein Wilderer erschoss dort einen jungen Forstlehrling, der ihm die Waffe abnehmen wollte.

Birresborn/Salm. Alle Wege mögen nach Rom führen, aber nur zwei nach Rom in der Eifel. Viel mehr sind dazu auch nicht nötig, um diese kleine Siedlung zu erreichen. Nicht mal ein Dutzend Häuser ist dort auf beiden Seiten der Straße zu entdecken. Und dennoch ist dieser Weiler zwischen den Orten Birresborn und Salm unsichtbar zweigeteilt.
Politisch gehört Rom zur Gemeinde Birresborn, die sechs Kilometer entfernt ist. Kirchlich und schulisch aber zur zweieinhalb Kilometer entfernten Pfarrei Salm. Zu Salm bestehen auch die intensivsten Kontakte und Bindungen.
Dabei kann die Siedlung auf ein sehr hohes Alter zurückblicken. Im 14. Jahrhundert wird es erwähnt als "Roeme" oder "Romerhof", und im Dauner Weistum von 1466 bildet "Rome" die Grenze des Dauner Wildbannes. Dort sollte der gräfliche Jäger absteigen und laut in sein Horn tuten, denn dort stoßen die Gerichte von vier Herren zusammen.
Gedenkstein aus Basalt


Wohl von Beginn an war Rom Birresborn zugehörig, befand sich also bis zur Verwaltungs- und Kreisreform im Jahr 1970 im Kreis Prüm. Die damalige Kreisgrenze war nahezu identisch mit der mittelalterlichen Grenze zum Amt Daun, war unmittelbar hinter der Quelle des Salmbachs.
Woher der Ortsname Rom wirklich stammt, ist schwer zu ergründen. Aber ihn in Verbindung mit den Römern zu bringen, ist nicht abwegig. Führt doch durch diesen kleinen und so versteckt im Salmwald liegenden Weiler eine ehemalige Römerstraße, auf der bereits vor rund zweitausend Jahren Soldaten und Händler eilten.
Gewaltig groß ist der Wald rund um Rom. Wer sich nicht verlaufen will, nimmt am besten eine Wanderkarte mit. Und auf dem Karolinger-Wanderweg des Eifelvereins, ganz nahe bei Rom, ist dann auch ein Gedenkstein zu finden, der an ein tragisches Ereignis erinnert. Ein großer hochkant stehender Basaltblock mit einer gusseisernen Inschriftplatte meldet: "Hier starb in treuer Pflichterfüllung von Wilddieben ermordet der Forstlehrling Willi Knapp am 29.11.1919. Gewidmet von den Forstbeamten des Reg(ierungs) Bez(irkes) Trier und des Saargebietes".
DORF GESCHICHTE(N)


Was sich dort Schreckliches ereignet hat, verrät die Chronik der Gemeinde Salm:
Es ist der 29. November, ein Samstag. Am Nachmittag verlässt Willi Knapp, Sohn des Staatsförsters Knapp, der die Amtsstelle in Salm innehat, das Forsthaus, um im Wald hinter Rom auf Ansitz zu gehen. Bei sich hat er einen Drilling: eine Jagdwaffe mit drei Gewehrläufen.
Es wird schon dunkel, als Knapp um fünf Uhr die Wilderer in einer Schonung überrascht. Sie sind zu zweit, haben jeder einen Karabiner - und Willi kennt die beiden. Es sind Michael B. aus Rom und dessen Stiefbruder Nikolaus.
Willi nimmt den beiden die Waffen ab, allerdings ohne diese zu entladen. Dann will er Michel und Nikolaus mit zum Forsthaus nehmen. Der Weg zum Forsthaus führt durch Rom. Dort hat inzwischen Vater B. von der Festnahme seiner Söhne gehört. Da er auch für sich größere Schwierigkeiten erwartet und aufgebracht ist, dass seine Söhne sich einfach so von einem Lehrling die Büchsen haben abnehmen und sich abführen lassen, rennt er ihnen entgegen und hetzt sie auf: "Watt dan, von su\'em Schnuddeler loßt ihr esch an de Kett läje?"
Unerträgliche Schmerzen


Wie umgewandelt sind nun die Brüder! Knapp droht noch, auf sie zu schießen, aber wenige Sekunden später hat ihn Michael B. schon in seiner Gewalt und hält ihn fest. Nikolaus legt an und schießt dem Lehrling in den Bauch. Dann ergreifen beide die Flucht.
Knapp schleppt sich in den Wald und bleibt dort liegen. Seine Schwester, die in Gerolstein war, kommt einige Zeit später den Weg von Birresborn herauf und findet ihren Bruder schwer verletzt, aber bei vollem Bewusstsein. Der Vater ist schnell informiert. Ein herbeigeholtes Fuhrwerk soll seinen Sohn ins Forsthaus bringen, aber weil dieser auf dem holprigen Fuhrwerk unerträgliche Schmerzen erleidet, trägt man ihn schließlich zu Fuß ins Forsthaus. Dort kann er zwar noch den Tathergang genau schildern, an Hilfe ist jedoch nicht mehr zu denken. Gegen acht Uhr abends stirbt Willi Knapp.
Nikolaus und Michael B. werden wenige Tage später festgenommen. Michael wird zu sieben Jahren Zuchthaus wegen Totschlags, Nikolaus zum Tode wegen Mordes verurteilt, wird aber zu lebenslänglich begnadigt. Der Vater wurde vom Schwurgericht freigesprochen.

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