Gemeinde zwischen allen Stühlen

Steffeln · Die Diskussion um die Zukunft der Verbandsgemeinde Obere Kyll ist nun auch in Steffeln richtig entbrannt. Niemand weiß, wo es hingehen und wie sich die Gemeinde positionieren soll. Orientierungshilfe lieferte eine Bürgerversammlung am Donnerstag, eine Befragung der Einwohner soll folgen.

 Großes Interesse: Mehr als 70 Bürger hören bei Versammlung im Steffeler Gemeindehaus aufmerksam zu. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Großes Interesse: Mehr als 70 Bürger hören bei Versammlung im Steffeler Gemeindehaus aufmerksam zu. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Steffeln. Kompass gesucht: "Im Moment weiß keiner, wo die Reise hingeht", sagt Steffelns Ortsbürgermeister Werner Schweisthal zu Beginn der Versammlung mit Bürgern aus dem Dorf und den Ortsteilen Auel und Lehnerath. Mehr als 70 Einwohner sind ins Gemeindehaus gekommen, alle getrieben von der Frage: Was wird aus uns im Zuge der Kommunalreform?Kommunal reform


Dabei lässt sich am Beispiel Steffeln sehr gut zeigen, wie die Reform eine Gemeinde in unterschiedliche Richtungen zerren kann: Vor 1970 gehörte man zum Kreis Prüm. Dann wurde der Ort dem Kreis Daun, mittlerweile Vulkaneifel, und der neuen Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll zugeschlagen. Heute orientieren sich die Bürger bei Einkauf, Arzt- oder Schulbesuch und vielen anderen Dingen zwar immer noch in Richtung Abteistadt, klar ist aber auch: Gerolstein und Hillesheim liegen vielen näher - auch gefühlt.
Das bedeutet: kein klares Mehrheitsbild. Darum aber geht es der Gemeinde, deshalb die Bürgerversammlung - bei der man, so betont der Aueler Ortsvorsteher Lothar Arens, "völlig wertfrei" informieren will, wie es um die Reform steht und welche Konsequenzen eine Fusion mit Hillesheim, mit Gerolstein, mit beiden oder mit Prüm hätte.
Dazu muss zuerst noch einmal Arno Fasen ran: Der Büroleiter der VG erläutert, wie schon bei so vielen Anlässen, was bisher geschah: Warum die Reform, weshalb die Verhandlungen der Oberen Kyll mit Hillesheim und Gerolstein scheiterten, warum man wieder, wie ganz zu Beginn, auch mit Prüm reden will - und welche Neuigkeiten das große Gespräch zwei Tage zuvor auf Einladung von Landrat Heinz-Peter Thiel brachte (der TV berichtete). Zum Beispiel die, dass nun doch die Kreise bei grenzüberschreitenden Fusionsvarianten mitbestimmen sollen.
Alle Zahlen werden vorgelegt, für alle bisher diskutierten Fusionsvarianten. Rein finanziell betrachtet wäre Prüm die beste Lösung. Aber ist es das wirklich? Für Lothar Arens ist deshalb klar, "dass wir die Bürger befragen müssen". Auch der erste Beigeordnete Heinz Lentz plädiert, und zwar vehement, für die Bürgerbeteiligung: "Wir müssen Druck erzeugen - damit das Land das nicht bis 2019 hinauszögert. Dann sind wir platt."
Die Bürger diskutieren kräftig mit: Für Werner Grasediek wäre die Dreierfusion optimal gewesen - aber die sei nun mal gescheitert, weil die Gerolsteiner und Hillesheimer von der Oberen Kyll nichts wissen wollten. Er bezeugt seinen Respekt vor den sechs Gemeinden, in denen Bürgerentscheide (pro Prüm) vorliegen - diese seien wesentlich beim Beschluss des Landes gewesen, an der Oberen Kyll den Reformprozess auf null zu stellen. Deshalb sei eine Befragung auch in Steffeln nötig: "Wir wollen nicht das Gleiche wie 1970, wo wir einfach irgendwohin fusioniert wurden." Auch Wolfgang Keller setzt sich dafür ein, dass die Bürger ihre Meinung äußern: "Dann hat man getan, was man als Ortsgemeinde tun kann." Viele bemängeln den aktuellen Stillstand - eine Entscheidung müsse her, egal wie und wohin. Die Ortsgemeinde erarbeitet jetzt einen Fragebogen, der an alle Haushalte gehen soll: So will man herausfinden, wohin die Bürger tendieren. Je klarer das Bild, desto wahrscheinlicher wird auch in Steffeln ein Bürgerentscheid.
Für Rudi Blameuser ist allerdings die Richtung bereits klar. Seine Antwort auf die Frage, wohin er tendiere: "Luxemburg."
Meinung

Wünsche und Wunder
Gut, der Wunsch von Steffelns Bürger Rudi Blameuser für eine Fusion mit Luxemburg war nicht ernst gemeint. Ganz ernst war es ihm aber mit dem Hinweis, dass man sich jetzt vermutlich den ganzen Stress umsonst mache, wo doch in ein paar Jahren die Kreise durcheinandergeschmissen würden. Lothar Söns fand, eine Viererfusion mit Prüm, Hillesheim und Gerolstein wäre die beste Lösung. Nur: In welchem Kreis? Während ein anderer spitzfindelte, man werde in Zukunft doch hoffentlich nicht in den Kreistag nach Cochem fahren müssen. Verständlich sind diese Äußerungen allesamt: In Steffeln zeigt sich, wie immer mehr Gemeinden in der Luft hängen, wie die Bürger sich sorgen und welche absurden Gedanken ihnen im Verlauf dieser Kommunalreform durch die Köpfe gehen. Sie retten sich in den Galgenhumor. Kein Wunder, oder? fp.linden@volksfreund.de

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