Gemeinden rund um Speicher werden um 300 000 Euro entlastet

Speicher · Die finanzielle Lage der Verbandsgemeinde (VG) Speicher ist so gut, dass sie ihre Gemeinden im kommenden Jahr erheblich entlasten kann: Der Verbandsgemeinderat hat entschieden, die VG-Umlage um satte sechs Prozent zu senken. Dennoch gab es heftige Diskussionen darüber, ob die Kommune das Heimatmuseum übernehmen soll.

Speicher. Noch deprimierender als das triste Dezemberwetter sind Haushaltssitzungen. Sind sie doch in der Regel der Zeitpunkt, zu dem Kommunalpolitiker der Wahrheit ins Auge sehen müssen: Selbst, wenn sie noch so sehr sparen, wird ihre Kommune aus den Schulden nicht herauskommen. Nicht so in Speicher. Die kleine Verbandsgemeinde musste noch überhaupt keine Schulden machen, um ihre laufenden Kosten zu decken.
Die Haushaltslage ist gut. Ein Grund dafür ist laut Bürgermeister Rudolf Becker (CDU), dass seine VG sehr gewerbestark ist und zudem sparsam wirtschafte. Ein anderer, dass sie viel kompakter ist als die meisten anderen und ein weiterer, dass die VG für die dort lebenden Amerikaner 280 000 Euro an Schlüsselzuweisungen erhält.
2009 und 2010 hat die VG sogar ein Plus erwirtschaftet. Und der VG-Rat hat in seiner Sitzung am Montagabend entschieden, dieses Plus nun weiterzugeben: Die VG-Umlage wird 2012 um satte sechs Prozentpunkte auf 34 Prozent gesenkt. Insgesamt müssen die neun Gemeinden dadurch 330 000 Euro weniger zahlen. "Sechs Prozent sind spektakulär", sagt Becker. Das werde von keiner anderen VG in der Region getoppt.
Geld dient der Schuldentilgung



Große Sprünge können die Gemeinden deshalb allerdings nicht machen. Denn in den meisten Fällen dient das Geld nur der Schuldentilgung. Zudem fürchten die Ortschefs, dass ein Großteil direkt wieder weg ist, wenn die Kreisumlage steigt. Die anwesenden Ortsbürgermeister freuen sich dennoch über die ungewöhnlich üppige Entlastung.
Trotz der vielen guten Nachrichten führte die geplante Übernahme des Heimatmuseums im Rat zu heftigen Diskussionen. Bringt sie doch mit sich, dass statt der Stadt Speicher die VG einen für die Sanierung des Museums aufgenommenen Kredit in Höhe von 150 000 Euro abbezahlen muss und die laufenden Kosten in Höhe von etwa 15 000 Euro jährlich zu tragen hat. Ausgaben, die mit Hilfe der Umlage indirekt von den neun Gemeinden finanziert werden. Die SPD - allen voran Werner Pick (Ortsbürgermeister von Herforst) - kritisierte, dass die Orte vorher nicht befragt wurden.
"Fast alle Investitionen fließen nach Speicher. Wir haben schon viel Solidarität gezeigt", sagte er und verwies auf die geplante Herforster Infostätte zur Geschichte der Region, die schließlich auch nicht von der VG bezahlt werde. Wie er stimmten die meisten seiner Genossen dagegen, dass die VG die teure Aufgabe "ohne Not" übernehme. Die Mehrheit des Rats schloss sich jedoch der Ansicht Rudolf Beckers an: "Das Museum ist das Gedächtnis der ganzen VG und sollte daher solidarisch auch von allen getragen werden." Die Übernahme wurde mit 12 Ja-, sechs Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen beschlossen.
Freie Fahrt hat der Rat Rudolf Becker auch in Sachen Kommunalreform gegeben. Er soll mit allen infrage kommenden Fusionspartnern verhandeln. Ziel dieser Verhandlungen ist, dass die VG in ihrer jetzigen Form erhalten bleibt und um einige Orte der Verbandsgemeinden Kyllburg und Bitburg-Land wächst. Selbst bei dieser für Speicher günstigsten Variante würde der Schuldenstand pro Einwohner um 702 Euro steigen. Eine Rechnung, die den Rat fürchten lässt, dass die Zeit der ausgeglichenen Haushalte bald vorbei sein könnte. kahMeinung

Nicht jammern!
Die Kommunalpolitiker der Verbandsgemeinde Speicher haben wenig Grund zum Jammern. Denn ihre VG ist in der glücklichen Lage, es sich leisten zu können, mit der Übernahme des Museums ein Stück heimische Kultur zu sichern. Und es ist gut, dass sie das tut. Gleichzeitig ist sie in der Lage, ihre Ortsgemeinden auf einen Schlag gewaltig zu entlasten. Davon können andere Kommunen nur träumen. Jammern ist da fehl am Platz. k.hammermann@volksfreund.deExtra

Die Verbandsgemeinde Speicher plant für 2012 Ausgaben in Höhe von 4,5 Millionen Euro. Der Haushaltsplan weist wegen der Umlagesenkung einen Verlust in Höhe von 330 000 Euro aus. Da in den Vorjahren jedoch Überschüsse von insgesamt 420 000 Euro erwirtschaftet wurden, kann der Verlust aufgefangen werden. Die Gemeinden werden um folgende Beträge entlastet: Auw 4851 Euro, Beilingen 16 153 Euro, Herforst 46 696 Euro, Hosten 6932 Euro, Orenhofen 47 566 Euro, Philippsheim 4127 Euro, Preist 26 227, Spangdahlem 44 355, Speicher 133 817.

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