Gericht schickt Mann erneut in Psychiatrie

Trier · Ein 34-Jähriger hat zwar erreicht, dass sein Prozess neu aufgerollt worden ist. Weil er eine behinderte Frau zum Sex gezwungen haben soll, ist er aber im Endeffekt ein zweites Mal zur dauerhaften Unterbringung in der Psychiatrie verurteilt worden.

Trier. Weil er in der Psychiatrie eine schwerbehinderte Mitpatientin zum Sex gezwungen haben soll, ist ein 34-Jähriger zur dauerhaften Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik verurteilt worden - zum zweiten Mal. Das nach Revision im zweiten Prozess gefällte Urteil ist nur auf den ersten Blick identisch mit dem, das vor 14 Monaten am selben Ort gesprochen wurde: Damals war das Gericht zwar überzeugt, dass der zum Tatzeitpunkt wegen einer drogenbedingten Psychose in einem Eifeler Heim untergebrachte Mann Ende 2010 eine nach einem Autounfall schwerbehinderte Mitpatientin zum Oralverkehr gezwungen habe. Allerdings sprach sie den Mann wegen Schuldunfähigkeit frei und ordnete wegen andauernder Gefährlichkeit die dauerhafte Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an.Mitpatienten sagen aus

Der Bundesgerichtshof sah die entsprechenden Voraussetzungen jedoch nicht hinreichend belegt und hob das Urteil auf. Die Neuauflage des Prozesses begann dann sowohl unter anderem Vorsitz als auch Vorzeichen: So behauptete der Angeklagte nicht mehr, der verhandelte sexuelle Kontakt sei einvernehmlich gewesen, sondern räumte ein, die Hilflosigkeit des Opfers ausgenutzt zu haben. Trotz der klaren Sachlage verwandte das Gericht dann drei Verhandlungstage darauf, den Charakter des Mannes auszuleuchten, der seit 1997 rund 40 individuelle pychiatrische Behandlungen durchlaufen hat. Galt es doch, die weitere Gefährlichkeit gegebenenfalls wasserdichter zu belegen als vor rund einem Jahr. Die Kammer unter Vorsitz von Richter Armin Hardt hatte dazu eine ganze Reihe von Mitpatienten geladen, die sich zu verschiedenen Gewaltausbrüchen des Angeklagten äußern sollten. Die teilweise ebenfalls stark angeschlagenen Psychen der Zeugen machten die Befragung aber oft nicht einfach. Ein Mann war so überfordert, dass er sich nicht einmal traute, sich hinzusetzen. Letztlich verdichten sich die Ausführungen auch von Pflegern und ehemaligen Arbeitgebern aber zu einem Eindruck, den die Sachverständige Sylvia Leupold schließlich zusammenfasst: Dass der bullige Mann auf der Anklagebank, der dem Prozess meist teilnahmslos oder mit spöttischem Ausdruck folgte, tief in einer paranoiden Schizophrenie steckt und auch zwischen akuten Schüben keinen Grad an Gesundheit erreicht, der ein selbstbestimmtes Leben zuließe - und dass die Wahrscheinlichkeit neuer Gewalttaten sehr hoch ist. Dritter Prozess unwahrscheinlichIm Urteil folgt die Kammer ebenfalls der Sachverständigen, die keine völlige Schuldunfähigkeit erkennt: Zwar verfüge der Angeklagte nur über geringe Frustrationstoleranz und Empathie - sein auch während der Tat vorhandenes Unrechtsbewusstsein habe er aber durch Aussagen wie "Als ich merkte, dass sie nicht wollte, konnte ich nicht mehr aufhören" selbst belegt. So erkannte das Gericht auch nicht auf zunächst angeklagten Missbrauch, sondern auf Vergewaltigung.Da der Angeklagte nach einer Revision nicht schwerer verurteilt werden darf, hatte das Gericht nur die Wahl zwischen einer Gefängnisstrafe, wie der Verteidiger sie gefordert hatte, oder der Unterbringung in der Psychiatrie. Jedoch zeigte sich der Richter überzeugt, dass der Angeklagte im Gefängnis völlig falsch aufgehoben sei, wo seine Krankheit und die erforderliche Behandlung kaum die nötige Beachtung fänden. Zuletzt gab der Richter dem Angeklagten noch einen Anreiz, gegen das Urteil nicht prompt wieder Revision einzulegen: Sobald das Urteil rechtskräftig ist, wechselt der Verurteilte in der forensischen Fachklinik Nette-Gut, in der er derzeit lebt, vom Aufnahmebereich in einen anderen Bereich, der schon deutliche Lockerungen bringe. Nach Angaben seines Verteidigers wird der Angeklagte es wohl nicht auf einen dritten Prozess ankommen lassen.

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