GLAUBE IM A ALLTAG

Hand aufs Herz: Was ist von der jüngsten Osterpredigt Ihres Pfarrers bei Ihnen hängengeblieben? Vor einigen Jahren schon ist mir bewusst geworden: Von all den unzähligen Predigten, die ich selbst im Lauf meines Lebens gehört habe, hat sich nur wenig ins Gedächtnis eingegraben. Für einen berufsmäßigen Prediger ist das sicher eine etwas zwiespältige Erkenntnis! Dagegen steht die lebendige Erinnerung daran, mit welcher Freude und Begeisterung wir schon als Kinder im Gottesdienst gesungen haben.

Dabei brauchten wir kein Gesangbuch. Wir haben die Lieder beim Hören gelernt, zuerst zaghaft und dann zunehmend mutiger mitgesungen. Alle diese Lieder kann ich heute noch auswendig. Singen ist Ausdruck eines lebendigen Glaubens. Die Musik bewirkt mehr als das gesprochene Wort, sie wirkt tiefer, nachhaltiger, umfassender, sie vermag auch das Unaussprechliche auszudrücken. Unser Singen ist - wie auch das Orgelspiel und der Chorgesang - weit mehr als nur "Verschönerung" des Gottesdienstes. Alle Kirchenmusik ist Verkünderin der Frohbotschaft, sie durchbricht die Wände, in die uns Sprache, Denken und unser Ich eingemauert haben und eröffnet uns immer neu den Blick in die Unendlichkeit des eigenen Lebens und in das Geheimnis Gottes. Ich wage zu behaupten: Die Lebendigkeit und das spirituelle Format einer bestimmten Gemeinde ist daran zu erkennen, wie sie singt. In den Anfängen der Kirche hat sich das Christentum seinen Sieg regelrecht ersungen. Und der römische Historiker Julian musste eingestehen: "Die Christen haben eine Musik, welche die anderer Religionen weit übertrifft." Vom heiligen Augustinus ist das Wort bekannt: "Wer gut singt, betet doppelt!" Der alte Kirchenlehrer hat es aber auch einmal so formuliert: "Wenn man eine Pauke und einen Psalter zum Gesang hinzunimmt, dann wirken die Hände mit der Stimme zusammen. Halte es ebenso: Wenn du das Halleluja singst, dann reiche auch dem Hungernden Brot, bekleide einen Nackten, nimm einen Fremden auf. Dann ertönt nicht allein die Stimme, die Hand klingt mit." Es ist wohl gerade ein solches Klingen, das unserer Zeit nottut. Klaus Bender ist Dechant in Kyllburg

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort