Glaube im Alltag

Vor kurzem habe ich an einer Fortbildungsmaßnahme teilgenommen, die von einem Pastoraltheologen geleitetet wurde, der vor seiner wissenschaftlichen Laufbahn acht Jahre als Missionar bei den Indianern im Amazonasgebiet arbeitete. Er berichtete über die politischen Verhältnisse in Brasilien.

Wer sich gegen die gewaltige Lobby der Öl- oder Holzindustrie stellt, der muss um sein Leben fürchten. So wie eine 68-jährige Ordensfrau, die sich in jenen politischen Auseinandersetzungen auf die "falsche" Seite, nämlich auf die der Armen, stellte und dieses Engagement mit dem Tode bezahlte. Sie wurde bei ihrer abendlichen Bibelmeditation von bezahlten Killern erschossen. Wie nahezu paradiesisch gestalten sich dagegen politische Prozesse bei uns. Natürlich sind sie nicht paradiesisch, aber im Vergleich mit den gerade Geschilderten eben doch ein bisschen. Das ist eben keine Selbstverständlichkeit. Und diese Verhältnisse kommen nicht vom Himmel gefallen. Viele Menschen, auch Christen, haben vor uns unser demokratisches System entwickelt und am Leben gehalten. Es ist es wert, verteidigt und auch getragen zu werden. Wir haben am Sonntag Bundestagswahl. Ich höre immer wieder Menschen, die mir sagen: "Ich weiß gar nicht, wen ich wählen und ob ich überhaupt zur Wahl gehen soll." Aber ist deshalb Nichtwählen die richtige Alternative? Eigentlich wünschte ich mir viele engagierte Christen in allen Parteien. Das will und kann nicht jeder. Aber das Wenigste, was wir tun können, um unsere Demokratie zu stützen, das ist unser wahrgenommenes Wahlrecht. Viele Menschen in Brasilien und anderswo wären froh, wenn sie unsere politischen Gepflogenheiten ihr Eigen nennen könnten. Ich will keine Verhältnisse wie dort. Und deshalb gehe ich zur Wahl. Nicht aus Pflicht, sondern aus Überzeugung. P. Klaus-Peter Backes CM, Kaplan in der Pfarreien- gemeinschaft Bleialf

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