Glaube im Alltag

Gehören Sie auch zu den "Zettelmenschen" im Kampf gegen das Vergessen? Ich gehöre zur Partei der "Stapler". In fast allen Räumen meiner Pfarrwohnung haben sich kleine Anhöhen gebildet aus Quittungen, Zeitungsausschnitten, Bedienungsanleitungen, Zitaten.

 Thilo MüllerFoto: Privat

Thilo MüllerFoto: Privat

Ich stöbere in einem der "Zitatenhügel" und finde ein älteres Blatt Papier mit einem Satz von Dietrich Bonhoeffer. Was ich da lese, finde ich immer noch klasse. "Man soll Gott in dem finden und lieben, was er uns gerade gibt." Ein Gedanke darüber, wie kostbar Lebenszeit ist und dass es möglich ist, sie öfter als gedacht auszukosten. Mir wird eine Lebenseinstellung zugetraut, bei der ich nicht mehr zwanghaft unterscheide zwischen Glücksmomenten und "vertanen" Gelegenheiten, Alltagstrott und Freizeit, Traumbildern und sogenannter nüchterner Realität. Jeder Lebenserfahrung das Wertvolle abgewinnen und an jedem Abend sagen können: Dieser Tag ist, in seiner Eigenart, gelungen. Ich glaube, diese Anschauung ist möglich, wenn ich bereit bin, Gott in allem zu suchen, ihn auch dort aufspüren zu wollen, wo Weniges und scheinbar Unwesentliches geschieht, ihn gerade dort entdecken zu wollen, wo Dunkelheit herrscht und Totenstille, wo Kummer, Schmerz, Unsicherheit und Argwohn alles andere begraben wollen. Was schenkt Gott Ihnen alles an diesem Tag, der angefüllt ist mit Ereignissen? Wofür werden Sie ihm am Ende dieses Tages alles danken können? Ob ein Notizzettel dafür ausreicht ...? Thilo Müller aus Hillesheim ist Pfarrer bei derEvangelischen Kirchengemeinde Gerolstein-Jünkerath

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