glaube im Alltag

Ich habe an Silvester abends immer wieder mal einen Blick auf die Party auf der Fanmeile in Berlin geworfen. So viele Menschen so dicht beieinander.

Sie singen und tanzen miteinander - dort ist eine gute Stimmung, die Menschen verstehen sich. Es müssen Hunderttausende gewesen sein. Und vorne auf der Bühne die Musikshow. Auf einmal habe ich aufgehorcht. Eine Band - Frida Gold - trat auf mit ihrem Titel "Love is my Rebellion - Liebe ist meine Rebellion". Im Refrain wechselt dann der Text zwischen Rebellion und Religion. Und Hunderttausende sangen mit: Liebe ist meine Rebellion - Liebe ist meine Religion. Ich wurde stutzig. So viele singen mit, bestätigen damit den Titel und die Haltung. Liebe ist Rebellion und Religion. Der Gedanke hat was. Rebellion gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung, Rebellion für Wertschätzung und Anerkennung. So wie Jesus es vorgemacht hat. Nur wird es hier nicht ausdrücklich in einen christlichen Zusammenhang gestellt. Ein weiterer Titel von Frida Gold folgte. Da beschreiben sie Verzweiflung, Suche, Selbsterfahrung und Einsamkeit. Und erkennen dann in der Aufmerksamkeit auf sich selbst und ihre innere Stimme: Ich bin eine aus sechs Billionen. So der Titel. Im Bewusstsein dieser Gemeinsamkeit kann sie ihr Leben leichter tragen. Auch hier singen die Menschen massenhaft mit. Frida Gold singen ihnen aus dem Herzen - sie greifen es auf. Ein weiterer Titel beschreibt die Suche nach dem, was wichtig und richtig ist, nach Orientierung. Beschreibt Konsum und Sucht - und die Erfahrung, dass das alles oberflächlich ist. Nicht wirklich froh und zufrieden macht. Der Titel heißt: Wovon sollen wir träumen? So wie wir sind? Und das Lied endet mit den Fragen: Wann hört das auf? Wann kommen wir hier raus? Wovon sollen wir träumen? Wo sind wir zu Haus? Und auch hier singt die Fanmeile mit. Hunderttausende singen von der Suche nach Orientierung, Solidarität, Heimat, Aufgehoben sein. Fragen nach Gott und der Welt. Und sie stellen diese Fragen außerhalb eines religiösen Kontextes. Ich wünsche mir, dass wir gläubige Christen den Menschen, denen wir begegnen, auf solche Fragen Antworten geben können. Und dass wir so leben, dass diese Antworten auch glaubwürdig sind. Johannes Eiswirth, Pastoralreferent, Dekanat St. Willibrord Westeifel

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