Glaube im Alltag

Ständig am Jammern, immer Geld vom Staat fordernd, nie zufrieden und im Zweifelsfall ist eben das Wetter an allem schuld. In dieser Art hat vor einigen Wochen der Autor eines Leserbriefes Landwirte in wenigen Zeilen beurteilt.

Kann sein, dass er entsprechende Erfahrungen mit den Vertretern des Berufsstandes gemacht hat. Anlass seines Schreibens war ein Bericht über die schwierigen Witterungsverhältnisse bei der Getreideernte. Es scheint uns Menschen irgendwie im Blut zu liegen andere zu kritisieren und zu bewerten. Wir urteilen über Menschen, ich auch, ohne uns die Mühe zu machen, sie vorher kennenzulernen. Diese Form der Kritik macht mein Gegenüber klein und lässt mich dadurch, zumindest auf den ersten Blick, größer wirken. Oft ist uns dieses Verhalten wahrscheinlich nicht einmal bewusst. Wir sehen jemanden, erleben ihn in einer einzigen Situation, hören vielleicht noch, was andere über ihn sagen, und schwupp - schon steckt er in einer Schublade. Meistens braucht es schon einen richtig heftigen Gegenbeweis, damit wir bereit sind, die Person wieder heraus zu lassen. Unsere eigenen Fehler kommen uns da vergleichsweise harmlos vor. Obwohl es sich oft um die gleichen Schwachstellen handelt, die wir an anderen kritisieren. Eine indianische Lebensweisheit sagt: Urteile nie über einen Menschen, bevor du nicht sieben Meilen in seinen Schuhen gegangen bist. In der Lesung aus dem Römerbrief hören wir an diesem Wochenende: "Und alle anderen Gebote sind in diesem einen Satz zusammengefasst: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Wenn das manchmal zu schwierig erscheint, können wir es zumindest mit ehrlichem Interesse, Respekt und Achtung versuchen. Vielleicht sehen wir unser Gegenüber dann plötzlich mit ganz anderen Augen. Hildegard Cremer, Vorsitzende des Pfarrgemeinderates Schönecken

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