Glauben, hoffen, hinterfragen: Bistum Trier informiert in Waxweiler über esoterische Praktiken und Gruppen

Waxweiler · Bachblüten, Reiki, Heilsteine - der Esoterikmarkt wächst. Oft lässt sich aber nicht erkennen, dass ein Angebot auf esoterischen Beinen steht. Nicht alles ist verwerflich, der Verbraucher sollte nur wissen, dass vieles eine Glaubenssache sei, mahnt das Bistum Trier.

Glauben, hoffen, hinterfragen: Bistum Trier informiert in Waxweiler über esoterische Praktiken und Gruppen
Foto: Frank Auffenberg (aff), Heiko Wolfraum ("TV-Upload Auffenberg"

Kirche, Medizin und Wissenschaft stecken in der Krise: Skandale, Enttäuschung und Misstrauen erschüttern das Vertrauen von Schäfchen und Patienten. Traditionell ist die Eifel, besonders der Altkreis Prüm, ein Sammelbecken für Menschen, die andere Wege und Lösungen versprechen. Früher gab es in jedem Dorf jemanden, der sich im Gesundbeten, Handauflegen oder Kräutersammeln verstand. Noch heute zählen einschlägige Internetseiten rund 25 selbsternannte Heiler in der Eifel. Hinzu kommen seriöse - aber manchmal auch zweifelhafte - Heilpraktiker und allerlei religiöse Gemeinschaften.

Matthias Neff, Referent für Weltanschauungsfragen und Sekten, hat am Dienstagabend in Waxweiler über die "Sehnsucht nach Heilung, Erkenntnis und Erlebnis" gesprochen und warnt vor schwarzen Schafen.Heilstrom aus dem Jenseits


Besonders hier sei man traditionell offen für Heiler. Der Bruno-Gröning-Freundeskreis sei zum Beispiel in Waxweiler aktiv, sagt Neff. Die Anhänger glauben, dass der 1959 gestorbene Geistheiler Gröning bis heute einen Heilstrom aus dem Jenseits sendet. "Das Schwierige daran ist, dass die Theorie sagt, der Heilstrom heile jede Krankheit, aber nicht jeden Kranken - nur die, die es auch verdient haben", sagt Neff. Man müsse also in Sachen Heilversprechen vorsichtig sein und schauen, auf wen man sich einlässt. Dabei gehe es ihm nicht darum, aus Prinzip zu kritisieren: "Viele religiöse Strömungen sind als solche oft nicht zu erkennen. Der Esoterikmarkt ist ein riesiges Geschäft, das Internet sein größter Verkaufsraum", sagt er.

Es sei schwierig, die Szene komplett zu erfassen. "Das Ganze ist wie ein Selbstbedienungsladen für Weltbilder. Jeder sucht sich die Ideen raus, die ihm gefallen. Das muss ja nicht gleich schlecht sein, kann aber auch Probleme mit sich bringen, wenn man an die falschen Heilsversprecher gerät", sagt Neff.

Problematisch sei, dass vieles auf esoterischen Beinen stehe, ohne dass es gleich zu erkennen sei. Esoterische Praktiken seien zu einem gigantischen Markt geworden.

Direkte Kritik übt Neff wenig - er erfasst eher und klärt auf. Jedem stehe es schließlich frei, seinen Weg zu suchen, die Leute merkten aber oft nicht, dass sie es mit Glaubenssystemen zu tun hätten. "Wer beispielsweise Alternativmedizin nutzen will, soll das auch, man muss sich nur bewusst machen, dass Heilung eintritt, weil man dran glaubt", sagt Neff. Eine beiläufige Bemerkung, die einige Zuhörer in Aufregung versetzt.

So zürnt ein Gast, dass doch Bachblüten nicht als Esoterik abgetan werden könnten: "Ich habe meinen einjährigen Sohn mit diesen Mitteln geheilt." Zum Glauben sei dieser doch zu jung. Neff kontert: "Dann wirken hier wahrscheinlich andere Faktoren. Es ist ja schön, dass sie es tun, aber es ist kaum auf die Blütenessenzen zurückzuführen." Der Brite Edward Bach habe die Methode in den 1930er Jahren erfunden, nicht durch Untersuchung der Blütenwirkstoffe, sondern durch willkürliche Zuschreibungen. "Er sagte selber, dass ihm sein Wissen offenbart worden sei."

Aber Bachblüten würden doch von vielen Heilpraktikern angewendet, räumt eine Frau ein. Das sei richtig, bedeute aber trotzdem nicht, dass die Wirkung mit der Kraft der Blüten und damit leicht wissenschaftlich erklärbar sei. Heilpraktiker und Heiler seien in der Region traditionell stark vertreten, "aber nicht jeder hat eine fundierte Ausbildung", sagt er (siehe Extra). "Gerade bei selbst ernannten Heilern entstehen oft sehr ungesunde Beziehungen, die schnell in eine psychische Abhängigkeit führen können. Seien Sie einfach aufmerksam, und informieren Sie sich, wem sie Ihre Gesundheit oder Ihre Seele vertrauensvoll in die Hände legen."


Meinung
Glauben ist nicht Wissen

Das Grundgesetz stellt den Glauben aus gutem Grund unter Schutz. Während Mitglieder der Kirchen sich aber bewusst sind, dass ihr Weltbild nicht auf Wissenschaft basiert, verschleiert der Esoterikmarkt seine Wurzeln. Bachblüten, Reiki und auch Heilsteine mögen wirken, aber eben aus demselben Grund, aus dem intensives Beten und die Anrufung von Heiligen funktioniert - Glauben. Und das ist, bei genauer Betrachtung, das wahre Wunder.
f.auffenberg@gmx.de

Glauben, hoffen, hinterfragen: Bistum Trier informiert in Waxweiler über esoterische Praktiken und Gruppen
Foto: Frank Auffenberg (aff), Hans Wiedl ("TV-Upload Auffenberg"
Glauben, hoffen, hinterfragen: Bistum Trier informiert in Waxweiler über esoterische Praktiken und Gruppen
Foto: Frank Auffenberg (aff), Frank_Leonhardt ("TV-Upload Auffenberg"

Extra
Eine Ausbildung ist für Heilpraktiker in Deutschland nicht einheitlich geregelt. Jeder über 25-Jährige kann mit einem Hauptschulabschluss, einem ärztlichen Attest und polizeilichem Führungszeugnis beim Gesundheitsamt eine Prüfung zur Zulassung beantragen. Der Test besteht aus 60 Fragen, unter anderem zu Kenntnissen der Anatomie und allgemeinen Krankheitslehre, Naturheilkunde und Hygienebestimmungen. Es existiert zwar eine Berufsordnung, sie gilt aber nur auf Verbandsebene und ist nicht rechtlich bindend. Ebenso fehlt eine Ausbildungsordnung. Anwärter benötigen weder einen Eignungsnachweis noch ein Praktikum im Gesundheitsbereich.aff

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