GLAUBEN IM ALLTAG

Oft höre ich den Satz: "Ich glaube nur, was ich sehe". Ich bin inzwischen davon abgegangen, dem Auge so viel Vertrauen zu schenken.

 Clemens Ruhl

Clemens Ruhl

Foto: Katja Bernardy (kat) ("TV-Upload Bernardy"

Im Bereich der optischen Täuschungen gibt es erstaunliche Phänomene, wie z.B. die "spinning-dancer-Illusion": eine tanzende Frau dreht sich mal rechts herum, mal links herum. Erst wenn ich weiß, dass dies möglich ist, und verstärkt darauf achte, kann das Bild plötzlich umklappen. Auch an anderen Stellen fällt mir auf, dass ich bestimmte Dinge nur sehen kann, wenn ich offen dafür bin. Der Mensch ist täglich vielen Eindrücken ausgesetzt, und sein Gehirn wählt aus, welche Eindrücke wahrgenommen werden. Daraus resultiert, dass manche Ereignisse oder Äußerungen von verschiedenen Personen auch ganz verschieden wahrgenommen werden können. Das beginnt schon bei dem Streit im kleinen "Der hat angefangen" - die andere beteiligte Person nimmt es meist anders wahr. Im menschlichen Miteinander sollten wir das berücksichtigen, dass nicht nur ich Recht haben kann, sondern auch mein Gegenüber, das ganz gegensätzliche Eindrücke hat. Insofern sollten wir auch eigentlich gar nicht mehr von "Recht haben" sprechen, sondern sagen: "Ich habe den Eindruck". Auch bei den Ausgängen politischer Entscheidungen gibt es verschiedene Eindrücke und dann auch verschiedene Darstellungen darüber. An wie vielen Wahlabenden hörte ich schon, dass Parteien, die nach meiner Wahrnehmung verloren haben, nach ihrer eigenen gewonnen haben! Es ist alles eine Frage der Wahrnehmung. Sogar die biblische Botschaft können wir Menschen ganz anders verstehen. Je nachdem, was wir als zentrale Botschaft hören. Für mich ist es die: Gott will, dass alles, was lebt, gut leben kann. Und ich sehe mich und uns dazu aufgefordert, unseren Teil dazu zu tun. Wer das nicht glaubt, sieht es auch nicht ... Pfarrer Clemens Ruhl, Evangelische Kirchengemeinde Prüm

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