Gleich zweimal ein Volltreffer

Bevor die Amerikaner in unser Dorf Seffern kamen, sind wir, meine Mutter Katharina, mein Opa, genannt "Mulbachs Piet", und meine Schwester Elschen, in unserem Haus durch einen Bombenangriff verschüttet worden.

Mein Vater war in russischer Gefangenschaft, was wir jedoch noch lange Zeit nicht wussten. Mein Opa hatte die deutschen Soldaten darum gebeten, den Funkwagen, der beim Nachbarhaus stand, wegzubringen. Meine Mutter rief uns Kinder, die wir draußen beim Spielen waren, ins Haus, da ein Flugzeug mehrere Male über den Sefferweicher Berg flog und sich wohl dieses Ziel suchte. Wir waren kaum im Haus, da krachte es schon, und unser Haus mit zwei weiteren Gebäuden war getroffen und zerstört. Wir hatten zu dieser Zeit ein russisches Dienstmädchen mit Namen Katj, die schneller war als wir. Sie lief in unseren Keller, der von außen zu begehen war, und ist dabei ums Leben gekommen. Unser Glück war, dass wir im Durchgang zwischen Küche und Stall waren. Dadurch hat uns das Heu und Stroh wohl das Leben gerettet. Mein Opa hatte eine große Platzwunde am Kopf. Wir wurden aufgenommen von den Eltern meiner Mutter, wo wir nächtelang Trommelfeuer über uns ergehen lassen mussten. Da Seffern im Tal liegt, trafen die Amerikaner fast nur den Bergrücken nach Burbach, aber einige Granaten schlugen auch in unmittelbarer Nähe vom Haus meiner Großeltern ein. Wir Kinder hatten schon unsere Schuhe ausgezogen, da ging der Beschuss erst richtig los. Wir liefen zum Nachbarhaus von Dominik Heinz, auch "Nekkeln Dom" genannt, das einen gewölbten Keller hatte. Da der Rückzug der deutschen Soldaten durch die Ortsmitte ging, war der Beschuss so stark, dass wir auch dort einen Volltreffer erhielten und nun zum zweiten Mal verschüttet waren. Soldaten und andere Helfer aus dem Ort haben uns frei gegraben. Von dort aus ging es die nächsten Nächte dann ins "Hehrenhaus"das ebenfalls einen gewölbten Keller hatte. Dann irgendwann knallte es an der Tür zum Keller, sie flog auf und amerikanische Soldaten schrieen immer wieder "Soldat-Soldat!" und durchkämmten das ganze Haus. Pastor Gerlach konnte wohl etwas englisch, und die Soldaten beruhigten sich. Pastor Gerlach wurde vorübergehend als Bürgermeister eingesetzt. Wir konnten dann nur kurz in unsere Wohnung zurück, um das Nötigste zu holen, und wurden dann mit weiteren Familien in die "Schalz-Mühle" eingewiesen. Was mir am meisten haften blieb, war der Weg durchs Dorf vorbei an rauchenden Soldaten, die links und rechts der Straße auf den Trümmern des Hauses Hirten saßen oder standen. Dort waren wir einige Tage mit vielen Familien auf engsten Raum zusammen. In der Mitte vom Hof "Schalz-Mühle" standen US-Soldaten bei offenem Feuer und hielten Posten. Nach einigen Tagen zogen die Soldaten weiter. Es kehrte der Alltag ein, und das Leben normalisierte sich. Peter Mulbach ist Steinmetz- und Bildhauermeister. Der Ehrenobermeister der Steinmetz-Innung Trier ist 67 Jahre alt und lebt noch immer in seinem Heimatdorf Seffern.

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