Glockenläuten und Wetterschießen gegen böse Geister und Gewitter

Prüm · "Ass en Dimmer an der Lucht, setzen de Leck all an der Reih, un bedden fromm die Litanei", so lautete ein Ausspruch eines älteren Mannes aus Irrhausen. ("Ist ein Gewitter in der Luft, sitzen die Leut all in der Reih, und beten fromm die Litanei.") Er bedauerte, dass sich heute jeder eher auf moderne Blitzableiter und eine gute Hausversicherung verlässt als aufs Beten. Ihm jedoch war bis ins hohe Alter Ehrfurcht und Respekt vor jedem Gewitter anzumerken.

Prüm. Besondere Angst hatten die Menschen vor Unwetter, Gewitter und Hagel, die in kürzester Zeit die Arbeit und die Erträge in Fluren und auf den Feldern zunichte machen konnten. Immer wieder brannten Häuser, Höfe und Scheunen ab, sogar ganze Dörfer wurden auf einen "Blitz-Schlag" hin vernichtet. Zahlreiche Bauernregeln haben das Gewitter zum Inhalt: "Wenn es blitzt von Westen her, deutet\'s auf Gewitter schwer. Kommt von Norden her der Blitz, deutet es auf große Hitz." - "Gewitter in der Vollmondzeit, verkünden Regen weit und breit." - "Wenn Nordwind weht im Junius, gar bald Gewitter folgen muss."
Im Christentum wurden Gewitter und seine Begleiterscheinungen als Strafe des zürnenden Gottes angesehen. Schon sehr früh versuchte man daher, die Gewitterwolken zu vertreiben - auch durch Lärm. Es wurde auf eiserne Töpfe geschlagen und laut geschrien. Später setzte man das Läuten der Kirchenglocken als wirksames Mittel gegen Blitz und Donner ein und nannte es "Wetterläuten". Es sollte Gott wohlgefallen und das Unwetter vertreiben. Die Menschen waren davon überzeugt, dass der Schall die elektrisch aufgeladenen Gewitterwolken aufreißen und trennen kann, und diese dann wegziehen. Noch heute existieren viele Glocken, die speziell für diesen Zweck geweiht und mit Inschriften als Wetterglocken ausgezeichnet wurden (auch "Gewitterglocke" oder "bellende Hunde", weil sie Unwetter und böse Geister vertrieben).
STADT GESCHICHTE(n)


Der Prümer Klosterchronist Otler berichtet, dass im Sommer 1599 die bösen Geister ein furchtbares Unwetter gegen die Prümer Salvatorkirche entfesselten. Jedoch verscheuchte sie der Glockenklang. Daraufhin stürzten sie sich auf die Kapelle der Heiligen drei Jungfrauen in Gondelsheim und suchten sie zu zerstören. Allein das steinerne Gewölbe war so fest, dass sie nur Risse zustande brachten. Das Dach der Kirche und des Turmes brannte bis auf die Mauern ab. Ebenfalls gegen Hagel und Sturm sollte das Wetterschießen helfen. Auch stellte man häufig Hagel- oder Wetterkreuze in die Fluren, an denen man für gutes Wetter betete. In Großkampen bestimmte 1532 das Weistum als Aufgabe des Küsters: "Item wan ein gefahrliches wetter in der lufft ist, solle der Coster die glocken anfangen zu lauten und mittler Zeit sollen die nachbaren helffen lauten, die weil es alle angeht."
Bereits zum Ende des 16. Jahrhunderts, mit Beginn der Reformationszeit, versuchte die kirchliche Obrigkeit, das Wetterläuten zu verbieten. 1656 mahnte der Trierer Archidiakon, "dass die Mägde und Frauen sich in der Kirchen als wegen des Mayfrosts und gegen das Ungewitter des nachts geleuthet wirdt, keineswegs bei poen (= Strafe) 12 Albus sollen finden lasen." 1685 erhöhte der Erzbischof das Strafgeld auf 1 Florin, wenn Weibsbilder sich des nachts in der Kirche aufhalten, wenn gegen Frost und Gewitter geläutet wird. Erst das "moderne und aufgeklärte Zeitalter" erkannte die physikalischen Eigenschaften eines Gewitters und sah im Glockengeläut etwas Gefährliches. So ordnete Clemens Wenzeslaus am 11. Juli 1783 an: "Bei der durch Naturkunde und Erfahrung bewährten Tatsache, dass das in den erzstiftischen Kirchen übliche Glockengeläute während eines Gewitters eine anziehende Kraft auf die elektrische Materie ausübt und das Einschlagen des Blitzstrahles befördert, wird dergleichen Zusammenläuten der Glocken bei willkürlicher Strafe verboten, und dürfen ferner bei entstehenden Gewittern nur drei Zeichen mit einer kleinen Glocke, als Aufforderung zum Gebete, gegeben werden" (Scotti 778). Viele bedauerten das Verbot und fürchteten die finanziellen Strafen. So notierte auch der Geistliche von Fleringen in seiner Pfarrchronik, "dass früher das Läuten von Haus zu Haus umging. Nie habe der Blitz eingeschlagen. Seit dem erzbischöflichen Verbot aber schlage es auf Mensch und Vieh."

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