Glücksmomente an der Staffelei

Vorbeiströmende Menschen, Kohlestifte und Farbe, ein besonderer Platz: Seit 2007 porträtiert Grigory Isaev Menschen und Tiere in der Fußgängerzone. Heute zum letzten Mal, denn am Montag zieht er nach Hamburg. Was er an Erinnerungen an seinen Lieblingsplatz in Deutschlands ältester Stadt mitnehmen wird, darüber erzählt er in unserer TV-Serie.

 Menschen, Trier – und manchmal auch Sensationen wie Vladimir Klitschko: Straßenmaler Grigory Isaev malt etwa drei Bilder pro Tag. TV-Foto: Katja Bernardy

Menschen, Trier – und manchmal auch Sensationen wie Vladimir Klitschko: Straßenmaler Grigory Isaev malt etwa drei Bilder pro Tag. TV-Foto: Katja Bernardy

Trier. Ich liebe jeden Tag, an dem ich draußen sitzen und malen kann. Denn ich tue das, was ich leidenschaftlich gerne mache: Porträts zeichnen. Touristen, die zufällig vorbeikommen, wollen Bilder ebenso wie Menschen, die mir Fotos als Vorlage geben und am Ende ein originelles Geburtstagsgeschenk haben wollen. Vladimir Klitschko habe ich bereits porträtiert und Triers Oberbürgermeister Klaus Jensen. Ich stamme aus Russland und habe in Sankt Petersburg studiert. Mein Kunststudium habe ich schon damals mit Straßenmalerei finanziert. Seit 1997 zeichne ich in Fußgängerzonen, seit drei Jahren in Trier.

Heute zum letzten Mal, denn am Montag ziehen meine Frau und ich nach Hamburg. Meine Frau hatte zu großes Heimweh nach ihrer Familie, die im Norden lebt. Ich hoffe, dass ich mich an die flache Gegend und den kühlen Wind gewöhnen werde. Ich werde gerne zurückdenken an Trier, diese bequeme Stadt: Wir wohnten am Zuckerberg, in fünf Minuten war ich hier an meinem Platz an der Karstadt-Ecke, direkt an der Simeonstraße, habe meine Staffelei aufgebaut und losgelegt. Meine Frau war schnell an der Fachhochschule, und alle Geschäfte sind zu Fuß leicht zu erreichen. Das ist Lebensqualität, die ich vermissen werde. Trier ist eine Stadt ohne Stress und Depressionen. Das ist ein sehr gesundes Leben.

An meiner Staffelei saß ich von März bis Oktober - bei schönem Wetter meist von 12 bis 18 Uhr. Trierer und Touristen schlenderten vorbei, viele blieben stehen und schauten mir beim Malen über die Schultern und plauderten. Die Trie rer habe ich als einfache Menschen, die gerne offen kommunizieren, kennengelernt. Das mag ich. Pro Tag male ich meist drei Bilder. Geld hat nicht so viel mit meiner Arbeit zu tun. Wie ich schon sagte, das Malen ist meine Liebe. Ich mache an jedem Tag mein Hobby zu meiner Arbeit - das ist ein riesiges Glück! In Hamburg werde ich natürlich das Gleiche tun. Ich nehme viele schöne Momente und Erinnerungen aus Trier mit. Besonders an die Basilika werde ich gerne zurückdenken. Sie ist ein sehr schönes Gebäude und der Palastgarten ein idealer Ort zum Entspannen. Die Porta Nigra, die ich jeden Tag sah, mochte ich dagegen nie besonders. Das dunkle alte Stadttor sieht so traurig aus. Ich wäre gerne hiergeblieben. Heute werde ich zum letzten Mal an meinem Lieblingsplatz sitzen - und mir ab Montag einen neuen Platz im Norden suchen.

Aufgezeichnet von Katja Bernardy

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