Goldene Gülle und mächtig viel Mais

BITBURG/MECKEL/DAUN/TRIER/WITTLICH. Seit 2001 sind im ehemaligen Regierungsbezirk Trier 43 Biogasanlagen entstanden. Der TV wagt einen Blick in Fermenter und Maisfelder, in die Gegenwart und die Zukunft der landwirtschaftlichen Biogaserzeugung.

Der Atem der Kühe dampft. Spatzen fliegen vom geschroteten Viehfutter auf. Am Ende des Stalls eröffnet sich durch ein großes Tor der Blick auf das winterliche Eifelpanorama und einen ungewöhnlichen Kuppelbau. Es ist eine Biogasanlage, die Familie Endres auf ihrem Hof in Meckel errichtet hat - eine der rheinland-pfälzischen Pilotanlagen, die im Jahr 2001 an den Start gingen. Seitdem sind ihrem Beispiel viele gefolgt. 43 Anlagen sind im ehemaligen Regierungsbezirk Trier im Bau oder bereits am Netz. Nach Angaben der Landwirtschaftskammer (LWK) Rheinland-Pfalz haben sie eine stündliche Gesamtleistung von 8000 bis 8500 Kilowatt (kW). Damit können etwa 14 000 Durchschnitts-Haushalte ein Jahr lang versorgt werden. Ballungszentrum im Kreis Bitburg-Prüm

Je zwei Anlagen liegen in den Kreisen Bernkastel-Wittlich und Daun, drei im Kreis Trier-Saarburg und 36 im Kreis Bitburg-Prüm. Dieser ist mit rund einem Drittel der rheinland-pfälzischen Anlagen ein Ballungszentrum der Bio-Stromerzeugung. "Das liegt an der günstigen Lage für Ackerbau und Viehzucht", erklärt Christoph Schmitz, Energiereferent des Bauern- und Winzerverbands. Sind doch Gülle und nachwachsende Rohstoffe (Nawaros) wie Mais, Gras oder Getreide die landwirtschaftlichen Grundlagen, die zur Herstellung von Strom benötigt werden. Auf 450 Hektar bauten Landwirte in der Großregion im Jahr 2005 Biogas-Mais an. Seit 2004 hat sich die Anbaufläche damit in nur einem Jahr mehr als vervierfacht. "2006 werden es mindestens 700 Hektar sein", schätzt Alfred Lorenz vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum. Rechnet er noch Gras und Getreide von etwa 600 Hektar hinzu, sind es 1050 Hektar, die 2005 zur Biogaserzeugung genutzt wurden. Teils nutzen die Bauern Stilllegungsflächen zum Anbau der Nawaros, teils verzichten sie auf andere Kulturpflanzen. Insbesondere der Anbau von Braugerste sei rückläufig, sagt Lorenz. Der Anbau rentiert sich, auch wegen der "Energiepflanzenprämie". Sie liege bei 45 Euro je Hektar, sagt Horst Lodde, Berater für Biogas bei der LWK. 1050 Hektar sind nur ein kleiner Bruchteil der 170 000 Hektar Grün- und Ackerland unserer Region. "Da gibt es noch lange keine Grenze", sagt Lorenz. Nur auf wenigen Flecken Land - wie südlich von Bitburg und nördlich von Arzfeld - sei das Potenzial bereits ausgeschöpft. Für Wildschweine sind die vielen Maisfelder ein wahres Schlaraffenland: Sie lassen sich die Kolben schmecken, und der Rest der Pflanzen dient ihnen als Deckung. Für Jagdpächter ist das ein Problem, denn sie müssen für die Schäden haften. Bei rund 15 Cent für den Quadratmeter gefressenen Mais kann das teuer werden. "Für Gegenden mit viel Biogas-Mais müssen neue gesetzliche Regelungen gefunden werden", fordert Rainer Eppelmann, Hauptgeschäftsführer des Landesjagdverbands Rheinland-Pfalz. Auch manch anderem mögen Mais- Monokulturen ein Dorn im Auge sein - weil der Landschafts-Charakter leidet oder Maisanbau die Bodenerosion begünstigt. Weniger Kohlendioxid in der Luft

Für den von Klimakatastrophen gebeutelten Planeten hat der Biogas-Boom Vorteile: Familie Endres erspart ihm schon mit ihrer Anlage in Meckel etwa 1500 Tonnen Kohlendioxid im Jahr. Auch die Region freut sich - über Geld, das trotz langer Wertschöpfungskette vor Ort bleibt, und über neue Arbeitsplätze. "Wir konnten Dank der Biogasanlage eine zusätzliche Auszubildende und einen Landbau-Techniker einstellen", sagt Alice Endres. Auch so mancher Nachbar hat etwas von der Bioenergie. Zumindest dann, wenn er - wie in Meckel- mit dem bei der Stromerzeugung anfallenden "Abfallprodukt Wärme" sein Haus heizen kann. Für die nächsten 20 Jahre ist die Einspeisevergütung für Strom aus Biogas gesetzlich garantiert. Zwischen 9,9 und 11,5 Cent gibt es derzeit je Kilowattstunde. Wer die Auflagen befolgt, erzielt über den Nawaro-Bonus (sechs Cent) und den Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus (zwei Cent) weitere Einnahmen. Da freuen sich die Landwirte, denn ihnen bietet die Stromerzeugung in schwierigen Zeiten ein weiteres Standbein und eine Perspektive für die Zukunft.

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