Goldener Schnitt für Bauer und Baum
Im Mantel des Modellprojekts "Partnerbetrieb Naturschutz" haben sich Landwirte aus der Region in Bitburg-Stahl getroffen, um das Kulturgut Streuobstbäume zu retten.
Bitburg-Stahl. Es ist kalt, nass und eigentlich genau das Wetter, das einen mit heißer Schokolade nach Hause und vor den Kamin treibt. Die Landwirte, die alle aus der Umgebung angereist sind, um etwas über Vitalisierung von Streuobstwiesen zu lernen, scheint das aber nicht sonderlich zu stören. Sie sind Arbeit bei diesem Wetter gewöhnt, außerdem geht es heute primär nicht ums Arbeiten, sondern darum, etwas zu lernen.
Mittlerweile ist man aber auf dem nahegelegenen Gut Hungerburg angekommen, wo schon Fachagrarwirt Christof Engler wartet. Er soll eine Einführung in Baumpflege und Baumsanierung geben, die durch die wirtschaftlich bedingte geringe Nutzung der Streuobstbäume notwendig geworden sind.
Der Agrarwirt spricht über Baumkrebs und über die Schäden, die Misteln an Obstbäumen anrichten können, da sie dem Baum lebenswichtige Nährstoffe rauben. Die Bauern diskutieren über Nutzungs- und Pflegemöglichkeiten, tauschen Erfahrungen aus und schließlich wird saniert: Die Landwirte greifen nach allerlei Gerät, Sägen in jeder erdenklichen Größe und machen sich ans Werk. Sie stehen auf Leitern oder sitzen direkt in den Baumkronen.
Baumkrebs und Schäden durch Misteln sind Thema
Nachdem die Misteln entfernt worden sind, beginnen sie Teile der Astpartien herauszuschneiden. Einerseits sind manche Äste über die Jahre hinweg in den Baum hineingewachsen und andererseits braucht der Baum viel Sonne, damit neue Äste entstehen können.
Was hier gerade vonstatten geht, ist ein Workshop. Eingeladen dazu hat das Modellprojekt "Partnerbetrieb Naturschutz" des Landes Rheinland-Pfalz. Das seit 2007 bestehende Projekt hat das Ziel, ein Konzept zu entwickeln, mit dessen Hilfe landwirtschaftliche Betriebe ideell und materiell gefördert werden können und diese im Gegenzug Naturschutzmaßnahmen ergreifen.
Grund für das Projekt ist das Bestreben, Landwirtschaft ökologisch sinnvoll zu nutzen und den Betrieben eine Zukunftsperspektive zu geben. Denn vielen Betrieben geht es schlecht.
Die Bäume einfach entfernen, um etwas Ertragreicheres anzubauen, will hier aber auch niemand, denn viele der Streuobstbäume stehen seit Jahrzehnten auf den Höfen und sind von Nutzobjekten zu Kulturgütern geworden. Sie gehören für die Bauern zum Betrieb einfach dazu.
Trotz alledem ist die Stimmung hier gut und die Atmosphäre beinahe familiär, man kennt sich eben. Wie man es auch dreht, "es ist schwer, noch Geld zu verdienen, wenn der Saft aus China billiger ist, als der hier produzierte", klagt einer der Anwesenden. Welcher Saft aber besser ist - der aus Übersee oder der, den die Früchte, der heute frisch sanierten Streuobstbäume bald geben werden - das ist wohl mindestens genauso klar.