BITBURG/TRIER Da geht noch was am Petersplatz
BITBURG/TRIER · Die Grabungen in der Innenstadt bringen „Bitburger Spezialitäten“ ans Tageslicht.
Sie ist eine kleine
Schönheit und besteht aus Alman-
din, einem Edelstein, oder aber aus
Glas, das steht noch nicht genau
fest. Klar ist, dass sie zu einem Frauengewand gehört hat und mehre-
re Jahrhunderte in der Friedhofs-
erde der Peterskirche „verbracht“
hat. Der Archäologe Lars Blöck zeigt beim TV-Gespräch im Landesmu-
seum Trier das Foto der zerbrechli-
chen Gewandspange aus dem 5. Jahrhundert, die – mit versilbertem
Messing gefasst – bereits restauriert
wurde.
Diese Fibel sowie eine weitere aus
dem Frühmittelalter und eine aus
römischer Zeit sind die ersten Fun-
de aus dem Grabungsfeld am Peters-
platz 2019. Die etwa vier Zentime-
ter große römische Fibel aus einer
Kupferlegierung ist aber nicht so
ansehnlich wie die oben beschrie-
bene – eher so „nullachtfünfzehn“,
wie der wissenschaftliche Leiter der
Grabungen in Bitburg formuliert.
Die Fibeln sind jedenfalls Beleg
dafür, dass schon sehr früh Bestat-
tungsplätze angelegt wurden. Das
Fundstück aus der Römerzeit wird
nicht weiter ausgewertet und auch
nicht restauriert. Es könnte allen-
falls im Rahmen einer Doktorar-
beit wieder Beachtung finden, sagt
der 43-Jährige, der Prioritäten set-
zen will. Das muss er auch, denn ei-
gentlich sollte ja schon Ende 2018
Schluss sein mit dem Graben und
Forschen am Petersplatz.
Und demnächst braucht er auch
ein Grabungsteam in Wittlich.
Da bei den Baumaßnahmen am
Petersplatz aber noch einige Bode-
narbeiten anstehen – wie ein zwei-
tes Baumloch – kann das Grabungsteam noch weiterarbeiten. Dabei
hat es auch eine bemalte Nische des Kellers weiter freigelegt. Sie gehört zu einem sogenannten Streifenhaus, das zwischen dem 1. und 3. Jahrhundert auf dem Platz gestanden haben muss. Und Teile des Kirchturms der Peterskirche wurden freigelegt mit wiederum römischem Baumaterial darunter.
Die mit roter Farbe verzierte Ni-
sche bot Platz für Lampen, der Kel-
ler war mit Wandmalereien ge-
schmückt, die Wände leicht verputzt
und mit Fugenstrich versehen, der
Fußboden aus Lehm, fasst der Ar-
chäologe zusammen. „Hier wurde
Aufwand betrieben, und das muss
einen Grund gehabt haben, viel-
leicht traf man sich im Keller zu
Bierverkostungen“, überlegt der Ex-
perte. Bierverkostungen würden ir-
gendwie zu Bitburg passen. In dem
Bereich konnte das Grabungsteam
aber nicht tiefer gehen, da kein Bau-
antrag vorliegt. Nische und Mauer-
reste sind en bloc ins Landesmu-
seum transportiert worden und
warten auf die Restaurierung.
Eine Besonderheit hat der Ar-
chäologe noch in petto. So wurde im Grabungsfeld ein römischer Brunnen entdeckt. „Und die Brunnenabdeckung ist eine Bitburger Spe-
zialität - ein Sandsteinquader, wie
schon welche im Hof am Rathaus
zu sehen sind.“
Und die Peterskirche? Ihr liegt
nach Einschätzung der Experten
eine sogenannte Memoria zugrun-
de. Das ist ein Gedenkbau, den eine
sehr wichtige wohlhabende - nen-
nen wir sie mal „Bitburger“– Fami-
lie für einen verstorbenen Angehö-
rigen angelegt hatte. Die Menschen
dieser Zeit lebten die römische Tra-
dition weiter, so Blöck. Und das be-
zieht sich auch auf die Bestattungen. Aus der Memoria oder Eigenkir-
che entstand dann in mehreren
Bauphasen schließlich die Peters-
kirche. Und das erklärt auch, war-
um es zwei Kirchen in Bitburg gab.
Spannend findet der Archäologe
aber nach wie vor den freigelegten
roten Estrich (opus signinum), der
noch nicht alle Geheimnisse preis-
gegeben hat. Er besteht aus Kalk-
mörtel mit Ziegelbeschlag. Nach
Blöcks Einschätzung könnte er von
einem spätrömischen Gebäude
stammen. Das wäre merkwürdig,
weil es dann vor dem Castrum be-
dense beziehungsweise außerhalb
gestanden hätte.
„Die andere Alternative ist, dass
es sich um den Estrich einer frühen
Kirche handelt“, sagt der Archäo-
loge. Da es keine klare Baustruktur
gibt und keinen Grundriss, ist die
Einordnung schwierig. Eines aber ist
ebenso Bestandteil des Estrichs und
das ist Holzkohle -und die ist ver-
räterisch: Denn das Alter von Holz
lässt sich mit Hilfe der C–14-Me-
thode herausfinden. Blöck tendiert
dazu, dass der Bitburger Estrich ein
römischer ist, weil er qualitativ bes-
ser ist als der, der bei den Grabun-
gen am Prümer Hahnplatz freigelegt
wurde. Der Prümer Estrich stammt
aus dem Mittelalter.
Diese Art Estriche gebe es laut
Blöck seit der Römerzeit und bis
ins 11./12. Jahrhundert hinein.
Und die Römer hätten es aber bes-
ser drauf gehabt mit der Fertigung
als die Menschen des Mittelal-
ters. Jedenfalls sollen Holz-Proben
in Mannheim auf ihr Alter hin in den Reiss-Engelhorn-Museen unter
sucht werden. Belegt sind am Pe-
tersplatz die römische Besiedlung
und der Friedhof aus dem Mittel-
alter. Weitere Erkenntnisse könn-
te noch das zweite Baumloch brin-
gen. „Das muss beobachtet werden,
so Blöck, „das ist eben Archäologie.“