Gräber ohne Aufwand: Neue Bestattungsmöglichkeit in Bitburg

Bitburg · Immer mehr Menschen wollen in einer Urne beerdigt werden. Immer weniger wollen ihren Hinterbliebenen die Grabpflege zumuten. Eine Entwicklung, mit der sich auch die Stadt Bitburg auseinandersetzen muss. Sie bietet jetzt eine neue Bestattungsform an.

Gräber ohne Aufwand: Neue Bestattungsmöglichkeit in Bitburg
Foto: Haavard I. Holme (g_pol3 )

Die Urne unterm Rasen: Für 200 solche Gräber hat die Stadt auf dem Friedhof Kolmeshöh jetzt Platz geschaffen, für rund 20 auf dem Friedhof in der Erdorfer Straße. Weitere Flächen könnten in den nächsten Monaten auch in den Stadtteilen ausgewiesen werden, heißt es von der Verwaltung.

Noch hat sich in Bitburg niemand auf diese Weise beerdigen lassen, und die Fläche auf dem Friedhof Kolmeshöh "ist noch eine Wiese", sagt Erich Grün vom Ordnungsamt. "Aber das wird sie ja auch bleiben." Nur eine Gedenkplatte mit dem Namen des Verstorbenen wird an die Stelle gesetzt. Kerzen oder Blumen? Fehlanzeige. Das Ablegen von Grabschmuck ist nicht erlaubt. Nur die Namensplatte. Und Gras. Wer ein Andenken hinterlassen will, muss das an anderer Stelle tun: Auf dem Friedhof Kolmeshöh soll dafür ein Gedenkstein errichtet werden.

Gerade erst hat der Stadtrat diese Art der Bestattung in einer neuen Friedhofssatzung beschlossen. "Wir glauben, dass die Nachfrage da ist", sagt Grün. Das erste Urnenrasengrab sei auch bereits verkauft. Wer sich dafür entscheidet, kaufe "die gesamte Pflege gleich mit", sagt Grün. "Man braucht sich um nichts mehr kümmern." Die Aufgabe übernimmt die Stadt. Was dahinter stecke: Viele Menschen möchten nach ihrem Tod niemandem mit der Grabpflege zur Last fallen. Oder aber: Es ist schlicht keiner mehr da, der sich darum kümmern kann. "Deshalb sind auch schon viele in die Urnenwand gewechselt", sagt Grün.

"Es geht um die Pflegefreiheit von Gräbern", sagt auch Klaus Wagner von Bestattungen Wagner und Loew in Bitburg. "Und es geht um einen Bezugspunkt." Ein Ort, wo die Angehörigen hingehen können, wenn sie es möchten. "Das ist sehr wichtig."

Gut also, wenn die Stadt beiden Wünschen Rechnung trägt - Probleme sieht Wagner trotzdem bei dem neuen Angebot: Gerade in der ersten Zeit wolle man dort doch etwas ablegen - und dann komme es zu Konflikten, weil das nicht geht. Darüber hinaus kann der Bürger in Bitburg wählen zwischen einem Reihengrab für 440 Euro und einem Wahlgrab für 1680 Euro. "Dafür bekommt man schon fast einen eigenen Baum im Wald." Und zwar für eine Ruhezeit von 30 statt 15 Jahren.

Finanziell habe die Stadt nichts von der neuen Bestattungsmöglichkeit, sagt Grün. "Das ist jetzt kein lukratives Geschäft." Das Problem ist ein ganz anderes: "Der Trend zur Urne ist schlicht verpennt worden", sagt Wagner. Das mache es den Kommunen schwer, mit dem freien Markt mitzuhalten - und der ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Die Urne aber sei "die normale Bestattungsform geworden", sagt Wagner und spricht von etwa 70 Prozent Feuerbestattungen - eine Zunahme, die auch die Zahlen der Stadtverwaltung bestätigen (siehe Extra und Grafik). Und so würden die Kommunen die Gebühren aufschlagen - und je teurer es werde, desto mehr würden die Menschen sich nach anderen Möglichkeiten umschauen. "Ein Teufelskreis", sagt sein Kollege Stephan Loew.
Es gehe bei der Festsetzung der Gebühren um eine "kostendeckende Kalkulation", teilt die Stadtverwaltung mit. Denn die laufenden Kosten steigen Jahr für Jahr. Das sieht für Bitburg so aus: Ein Einzelwahlgrab kostet heute 1470 Euro auf 25 Jahre, vor zehn Jahren bezahlte man dafür noch 620 Euro. Für ein Reihengrab zahlt man 820 Euro, vor zehn Jahren kostete es 320 Euro. Und ein Urnenreihengrab (15 Jahre) kommt heute auf 230 Euro, vor zehn Jahren auf 120 Euro. Rasengräber gibt es seit 2011.

Wer also etwas Pflegefreies haben wollte, erzählt Wagner, der sei vielleicht woanders hingegangen - hauptsächlich in den Begräbniswald nach Niederweiler, der vor fünf Jahren öffnete. Und: "Die Urne zuhause? Gefragt werden wir", sagt Loew. Es ist das Einzige, was nicht erlaubt ist - alles andere sei nur eine Frage von Zeit und Geld, sagt Wagner. Die Asche über dem Himalaya ausstreuen: kein Problem.

Extra Ruhestätten
Die Nachfrage nach Urnenbestattungen ist seit etwa 2005 stetig gewachsen. Waren es im Jahr 1995 noch 92 Erd- und zehn Urnenbestattungen, wurden daraus 2005 83 Erd- und 38 Urnenbestattungen. 2010 waren es 56 Erd- und 75 Urnenbestattungen, 2014 39 Erd- und 88 Urnenbestattungen. Der Anteil an Urnenbestattungen beträgt heute nach Angaben der Stadtverwaltung in Bitburg und den Stadtteilen etwa 70 Prozent. Dort gibt es derzeit insgesamt 2673 Gräber: 279 Reihengräber für Erwachsene, 20 Reihengräber für Kinder, 113 Urnenreihengräber, 124 anonyme Urnenreihengräber, 1 (bereits verkauftes) Urnenrasenreihengrab, 336 Einzelwahlgräber, 1312 Familiengäber (2 Stellen), 179 Familiengräber (3 Stellen), 33 Familiengräber (4 Stellen), 8 Familiengräber (5 Stellen), 5 Familiengräber (6 Stellen), 1 Familiengrab (8 Stellen), 219 Urnenwahlgräber, 24 in Urnenkammern für zwei Urnen, 14 in Urnenkammern für vier Urnen, 5 Rasengräber für Erdbestattungen.

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