Große Geste nur als Fotomontage

BITBURG. (cus) "Ungereimtheiten, Missverständnisse und Fehleinschätzungen" standen laut Buchautor Theo Hallet im Hintergrund des Besuchs von Ronald Reagan und Helmut Kohl 1985 in Bitburg.

Warum hat sich Bitburgs damaliger Bürgermeister Theo Hallet nach nunmehr 20 Jahren entschlossen, seine Erinnerungen an den Besuch des US-Präsidenten auf dem Friedhof Kolmeshöhe niederzuschreiben? Der 82-Jährige lüftete das Geheimnis bei der Buchvorstellung vor rund 300 Gästen im Haus Beda. "Ich wollte das, was bisher nicht bekannt war, öffentlich machen. Ich wollte Fragen nachgehen, die noch nicht gestellt wurden, festhalten, was Menschen bewegt hat. Und allen danken, die mitgeholfen haben, dass damals nichts aus dem Ruder gelaufen ist." Diesem Gedanken, dass es eben keine Schmierereien auf den Soldatengräbern oder sonstige Zwischenfälle gab, wünscht Hallet mehr Aufmerksamkeit. Und noch etwas Positives: "Trotz der spannungsgeladenen Atmosphäre hat das gute Verhältnis zu den Bitburger Amerikanern keinen Schaden genommen." Das erste Exemplar seines Buchs "Umstrittene Versöhnung" (der TV berichtete) schenkte Theo Hallet dem aktuellen Bürgermeister Joachim Streit. Der bedankte sich mit einem Kompliment: "Theo Hallet hat uns die Augen für die Vergangenheit ein Stück weiter geöffnet." Werner Pies, Vorsitzender der Kulturgemeinschaft Bitburg und 1985 Zweiter Beigeordneter, hatte den Abend eröffnet. Theo Hallets Sohn Thomas, Redakteur beim WDR-Fernsehen, zeigte auf, "wie sich die Geschichte - manchmal - der Inszenierung widersetzt". So sei das Ziel des US-Präsidenten, eindrucksvolle Bilder seiner Reise in die Heimat zu übermitteln, ins Gegenteil verkehrt worden. Reagan musste in den Medien viel Kritik einstecken, weil er zunächst keinen Besuch eines ehemaligen Konzentrationslagers eingeplant hatte und weil auf dem Bitburger Friedhof auch Angehörige der Waffen-SS begraben waren. "Versöhnung braucht gegenseitiges Verstehen", stellte Thomas Hallets Bruder Professor Wolfgang Hallet fest. Es habe jedoch keine vernünftige Kommunikation zwischen deutscher und amerikanischer Seite gegeben. So sei viel Schaden angerichtet worden. Die große historische Geste gibt es nur als Fotomontage: Kohl Hand in Hand mit Reagan beim Gedenken der Kriegsopfer.

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