Gutes Gefühl in luftiger Höhe

Umgeben von etwa 5600 Pfeifen und in rund 15 Metern Höhe fühlt sich Josef Still überaus wohl: Seit 1994 ist der 51-Jährige Domorganist in Trier. In unserer Serie schildert der gebürtige Bayer, was seinen Lieblingsplatz nah an der Domkuppel so einzigartig macht.

 Umgeben von Pfeifen und Registern fühlt sich Josef Still so richtig wohl. TV-Foto: Katja Bernardy

Umgeben von Pfeifen und Registern fühlt sich Josef Still so richtig wohl. TV-Foto: Katja Bernardy

Trier. Um zu meinem persönlichen Lieblingsplatz zu gelangen, muss ich etwa 15 Meter mit dem Aufzug in die Höhe fahren. Dorthin, wo der Dombesucher nicht so einfach hinkommt.

Das ist allerdings kein Ort für Menschen mit Höhenangst. Denn das Innere des Doms kann ich von dort aus der Vogelperspektive betrachten. Mitten in der Orgel, auf wenigen Quadratmetern, ist mein Traumplatz: Ich habe alle Züge und Knöpfe im Blick, ich finde alles, was ein Organist braucht. Und hier oben bin ich nur für mich, und trotzdem spiele ich öffentlich.

Abgeschieden von jeglicher Hektik kann ich mich ausschließlich auf die Musik konzentrieren. Seit meinem 16. Lebensjahr spiele ich Orgel. An der Musikhochschule in München habe ich Kirchenmusik und das "Konzertfach Orgel" studiert. Nach zwölf Jahren als Kirchenmusiker in Neu-Ulm hatte ich mich auf die Stelle des Domorganisten in Trier beworben. Mit Erfolg. Seit 1994 freue ich mich täglich daran, an diesem großen Instrument mit den vielen Klangfarben spielen zu können. Alles ist möglich: Stücke aus Musikepochen von Barock über Romantik bis Moderne.

Jeden Tag begleite ich Gottesdienste, ich spiele Konzerte, nehme CDs auf, und wie ein Sportler muss ich täglich üben, um die entsprechende Leistung bringen zu können. Meine Favoriten sind die feierlichen Gottesdienste. Es ist ein tolles Gefühl, wenn der Bischof mit seinem Gefolge einzieht und ich bei dieser Dramaturgie mitspielen kann.

Es liegt in der Hand des Organisten, die besondere Atmosphäre im Dom herzustellen. Lampenfieber gehört immer noch dazu - auch nach all den Jahren. Richtig stressig wird es, wenn Rundfunk und Fernsehen anwesend sind. Dann ist der komplette Ablauf bis auf die Sekunde geplant.

Sicherlich trägt auch mit dazu bei, dass ich an keinem Platz auf der Welt lieber sitze als an meiner Orgel, dass im Trierer Dom alle an einem Strang ziehen. Das macht die Arbeit sehr angenehm. Aber ich habe noch zwei weitere Lieblingsplätze: Nummer zwei ist mein Zuhause in der Predigerstraße. In dieser Straße in Domnähe herrscht Ruhe pur, man ist mitten in der Stadt, aber fernab vom städtischen Rambazamba. Ebenso gerne verbringe ich Zeit in meinem Kanu auf der Mosel. Es ist herrlich entspannend, an einem Sommerabend unter der Römerbrücke durchzupaddeln, vorbei an Pallien und dem Weinberg "Augenscheiner". Er ist übrigens der einzige Weinberg in Trier, der direkt an der Mosel liegt. Manchmal paddle ich bis zur Klosterschenke in Pfalzel, manchmal bis nach Issel, um dort einen Viez zu trinken. Aber nach dem Ausflug kehre ich gerne wieder zurück an meine Orgel, um die Gemeinde mit der Musik einzustimmen.

Aufgezeichnet von Katja Bernardy.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort