Handel in der Grauzone

PRÜM. Bei Antik- und Trödelmärkten sind immer wieder auch Überbleibsel aus der Zeit des nationalsozialistischen Regimes zu kaufen – zuletzt in der Prümer Markthalle. Die Zahl der Abnehmer ist bedenklich groß – und die Rechtssprechung kontrovers.

Das ist eine dieser Geschichten, die man nur mit ganz dicken Schutzhandschuhen anpacken möchte. Denn sie zeigt, wie stark das Gift der NS-Vergangenheit noch immer wirkt - und wie weit, nämlich bis in die ländlichste Halle hinein. Darum geht es: Ein Standbetreiber auf dem jüngsten Trödelmarkt in der Markthalle soll erkennbar mit "Erinnerungsstücken" aus dem so genannten Dritten Reich gehandelt haben, die mit Hakenkreuz oder SS-Rune versehen gewesen seien - Ringe, Bücher und andere Utensilien. Die Betonung liegt dabei auf "erkennbar": Denn der Handel ist nicht verboten, solange die Embleme dabei verdeckt und dadurch nicht "öffentlich" sind - nach Paragraph 86a im deutschen Strafgesetzbuch (siehe Hintergrund). Deshalb findet man auf vielen Flohmärkten auf oder unter dem Tisch solche Objekte, auf denen die Zeichen abgeklebt oder in anderer Weise unkenntlich gemacht sind. Anders soll es in Prüm gewesen sein, wie Marktbesucher Wolfgang Ferner aus Rommersheim meldet: Neben Alltagsartikeln, Kleidung und Möbeln habe der Händler auch "Nazi-Sammelobjekte" angeboten, das Hakenkreuz sei zwar abgeklebt, aber dennoch "erkennbar" gewesen. Außerdem habe er Ringe der Waffen-SS gesehen, weitere Ringe mit Totenkopf-Symbol sowie "auf Nachfrage auch Fahnen mit Reichsadler und Hakenkreuz". Ferners Urteil: "unanständig und unerträglich" - und weiter: "Es kann gegenüber diesen Dingen weder eine Toleranz noch ein Wegsehen geben. Diese Symbole spiegeln eine unrühmliche Vergangenheit wider, und wir sollten alles daran setzen, mit dieser Vergangenheit endgültig zu brechen. Daher kann es auch keine sentimentale Erinnerung geben - diese Symbole gehören auf den Müllhaufen der Geschichte." "Dann sagen wir ganz klar: Raus!"

Ferner erstattete Anzeige gegen den Händler, die Kriminalpolizei in Trier ermittelt. "Eine diffizile Geschichte", sagt Monika Peters, Sprecherin des Trierer Präsidiums. Sie bestätigt, dass gegen den "nichtöffentlichen" Handel rechtlich nichts zu machen ist - und dabei ein sehr unangenehmes "Geschmäckle" bleibe. "Denn man darf durchaus daran zweifeln, dass alle, die sich mit solchen Dingen eindecken, wirklich nur aus geschichtlichem Interesse handeln." Der Händler war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Einschlägige "Kundschaft" jedoch möchte auch Organisator Rainer Propson aus Lierfeld nicht auf seinen Märkten sehen. "Aber es ist nun mal ein Fakt, dass das Dritte Reich nicht aus unserer Geschichte wegzudenken ist. Und dass diese Dinge gekauft werden." Und gekauft werden dürfen - auch Prop-son kennt die Rechtslage und findet sie "paradox hoch drei". Er und Ehefrau Anita kontrollieren deshalb jedesmal, ob die Stände in Ordnung sind. Offene Werbung für NS-Objekte oder der Verkauf anderen bedenklichen Materials kommen für die beiden, die seit fast 20 Jahren erfolgreich Märkte organisieren, nicht in Frage: "Dann sagen wir ganz klar: Raus!", bestätigt Anita Propson. "Aber gehen Sie mal über die Grenze nach Malmedy - oder nach Bayreuth und Nürnberg", sagt Propson. "Selbst dort - und ausgerechnet in Nürnberg - werden auf Auktionen unter größtem Publikumszuspruch und Werbewirksamkeit diese Sachen verkauft. Das ist ein Riesenmarkt für so genannte Sammler." Aber man könne das eben nicht verbieten. Propsons Konsequenz: "Wir werden noch stärker darauf achten, dass alles abgedeckt ist. Und so weit es in unseren Händen liegt, sind wir darauf bedacht, das alles zu unterbinden."Was denken Sie über NS-Überbleibsel auf Trödelmärkten? Mailen Sie uns!

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