Haushaltsrede Grüne „Die Bit-Galerie hat zu weiteren Leerständen in der Innenstadt geführt“

Das sagt David Ewald, Fraktionssprecher der Grünen in seiner Haushaltsrede im Bitburger Stadtrat:

Haushaltsrede der Grünen im Bitburger Stadtrat
Foto: dpa/Daniel Reinhardt

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauer*innen,

unser Ziel als Grüne im Bitburger Stadtrat, war es schon immer und ist es immer noch, dass Bitburg eine naturnahe, grüne, soziale und bürgernahe Stadt wird. Auf dem Weg dahin haben wir besonders im letzten Jahr einige Hürden genommen:

• Engagierte Stadt

• Klimaschutz ist Teil des Bauauschusses

• eine städtische Baumschutzsatzung

• ein städtisches Artenschutzkonzept

• ein großartiges Radverkehrskonzept

• der Bedhard wird Erholungswald

… nur um mal Einiges zu nennen!

Bei einigen Hürden ist die Stadt aber aktuell am Straucheln, bei anderen kommt sie sogar ins Stolpern. Als Sportler steht man dann auf, klopft sich den Schmutz von der Hose und macht weiter. Im besten Fall lernt man dabei etwas aus seinen Fehlern. Aber genau hier hat die Stadt und auch die Politik noch Trainingsbedarf, denn diese Hürden stehen teilweise schon seit Jahren unüberwindbar an der gleichen Stelle.

1. Hürde Bitgalerie:

Sie ist bereits seit Jahren Thema in unseren Haushaltsreden. Warum? Weil sie seit 12 Jahren jegliche Entwicklungen der Innenstadt verhindert hat. Ein Millionengrab, das vor allem eins gemacht hat: zum Ladenleerstand beigetragen und damit Käufer aus Bitburg rausgehalten. Denn auch wenn Galerieleerstände in der Statistik nicht mehr auftauchen, sind sie doch eins – leer.

Dadurch wird das Stadtbild verschlechtert, Verkehrsplanung, -umsetzung und der Neubau von Gebäuden behindert, die Neugründungen von Geschäften verhindert und am wichtigsten - potenzielle Käufer schreckt das ab! Hat ein großes Einkaufszentrum nach Corona überhaupt noch eine Chance? Das stelle ich in Frage!

Hier muss endlich Tacheles gesprochen werden. Unser Antrag im Stadtrat nach einer Aussprache mit allen Verantwortlichen steht noch aus. Es muss endlich eine zeitnahe Lösung der Problemhürde Bitgalerie gefunden werden!

2. Hürde ganzheitliches Verkehrskonzept:

Schon seit 2014 dreht sich vieles in Bitburg um den Verkehr: Innenstadtring Verkehrskonzept, Fahrradwege, Ausbau der Straßen … wirklich vorangekommen sind wir seitdem nicht! Wir haben zwar ein großartiges Fahrradkonzept geplant bekommen, aber umgesetzt wurde seitens der Stadt im letzten Jahr nichts. Ein ganzheitliches Verkehrskonzept fehlt auch weiterhin. Das wünschen nicht nur wir Grünen!

Und wieder einmal steht im Zentrum die Galerie im Weg. Ein Verkehrskonzept wird mit 187000 prognostizierten Besuchern der Bitgalerie geplant. Aber kommt denn eine solche Galerie überhaupt noch? Und wenn nicht, macht die Verkehrsführung so dann überhaupt noch Sinn? Für eine sinnvolle Verkehrsplanung müsste man vorher wissen was kommt?

Und damit sind wir auch schon bei der …

3. Hürde Klimaschutz:

2020 war ein weiteres Hitzejahr. Unsere Wälder sterben, der Klimawandel ist spürbar! Wir haben uns kommunalpolitisch auf die Erstellung eines Klimaschutzkonzepts geeinigt. Das letzte Jahr hat aber bei uns Grünen den Eindruck hinterlassen, dass wichtige Klimaschutzentscheidungen dem Klimaschutzmanager zugeschoben werden. Im Klartext heißt das, wir lassen wertvolle Zeit verstreichen und tun nichts.

Der aktuelle Wahlkampf zeigt doch, dass fast alle Parteien Klimaschutz auf ihren Plakaten thematisieren. Dann kann es aber nicht sein, dass wir die Verwaltung und die Politik ständig an ihre eigenen Beschlüsse erinnern müssen! Ein Ausschusstitel allein bewirkt halt noch keinen Klimaschutz. Man muss auch Taten folgen lassen und das vor der eigenen Haustür!

Corona hat dabei vieles ausgebremst. Es zeigt uns aber auch, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der Zerstörung bestimmter Ökosysteme, dem Klimawandel und dem Ausbruch von Pandemien gibt. Und genau das ist ein Thema, dass bei jedem zuhause anfängt. Steinwüsten als „Garten“, fehlende Begrünung, versiegelte Flächen überall – all das trägt zu unserer lokalen Erwärmung bei.

Es fehlen sichere Alternativen zur Fahrt mit dem Auto. Mehr Verkehr - mehr Abgase! Das trägt zum menschgemachten Treibhauseffekt bei. Die räumliche Möglichkeit für einen Mobilitätswandel muss her.

Mit dem Haushalt legen wir fest, was für uns tatsächlich wichtig ist und was eben nicht. Wir übernehmen damit auch Verantwortung für unser Klima. Aber warum geht das so langsam? Hürden muss mal schnell überwinden, sonst fällt man und kommt vielleicht nicht wieder hoch!

4. Hürde PFT:

Genauso wie beim Klimawandel, den viele Menschen erst spüren müssen, um zu begreifen, dass er stattfindet, verhält es sich beim Thema PFT. PFT ist krebserregend und verseucht auf unbestimmte Zeit unser Wasser. Das Thema ist aber unsichtbar und deswegen für viele nicht greifbar. Politik sollte aber auch nicht greifbare Probleme angehen und zum Wohle der Gemeinschaft handeln. Was könnte denn wichtiger sein als unser Trinkwasser? Durch PFT wurde bereits der Sülmer Tiefbrunnen geschlossen. Klärschlamm mit Belastungen über dem Grenzwert muss teuer verbrannt werden. Über Fließrichtungen auf dem Flugplatz und Ausbreitung von PFT weiß man bis jetzt wenig und nur wenige möchten etwas wissen. Hier sollen wohl keine schlafenden Hunde geweckt werden. Das wäre bei einem Hürdenlauf aber auch eher unpraktisch! Doch wir müssen diese Hürde, so hoch sie auch ist, überwinden! Schließlich möchten wir alle nach einem anstrengenden Lauf sauberes Wasser aus dem Hahn trinken können. Grundlage sollten wissenschaftliche Untersuchungen sein, die wir schon mehrmals gefordert haben. Das sollte mit der ganzen kommunalpolitischen Familie geschehen, aber nicht im Verborgenen oder in Landschaftsbauwerken, sondern öffentlich und für jeden nachvollziehbar. Nur so schaffen wir für unsere Nachkommen ein gesundes Lebensumfeld.

5. Hürde Housing

Die Entwicklung der Housing wird eine der größten Hürden der Zukunft sein, nicht nur finanziell. Eine gute Planung haben wir aus der ersten Bewerbung für eine LGS 2016 und auch 2020 mit der Machbarkeitsstudie bekommen. Man könnte sofort loslegen. Wir warten aber auf eine neue LGS und zögern eine Entwicklung weiter hinaus. Wer vor der

Hürde zögert und stockt, der stürzt. Hoffen wir mal, dass es mit diesem großen Stück Bitburgs anders ausgeht!

6. Hürde Kita:

Das Kita-Zukunftsgesetz hat große Wellen geschlagen. Viele Kommunen haben sich berechtigt aufgeregt. Wer soll das bezahlen? Viel Aufregung also, aber was wurde denn in den letzten Jahrzehnten in Kitas investiert? Die Aufgaben stiegen immer weiter, aber was veränderte sich in den Gebäuden, beim Personal, beim Raumbedarf? - nicht viel! Da sich das ohne Gesetzesvorgaben auch nicht ändern wird, macht die Nouvelle Sinn! Es ist mit Sicherheit belastend, soviel Geld ausgeben zu müssen und über die Details kann man bekanntlich streiten, aber wichtig für unsere Kinder ist sie alle Mal! Unser Motto bei Kitas sollte sein: „Kurze Beine - Kurze Wege“. Die Systeme sollten auch nicht zu groß werden. Kitas in Wohnortnähe, also Stadtteilen, sind zu bevorzugen.

Auch alternative Kita-Formen sollten endlich Thema werden. Zum Sommer soll eine Montessori-Schule in Bitburg entstehen. Sie ist ein alternativer Weg zu bestehenden Systemen. Genau diese Alternativen sollten wir alle uns immer wieder überlegen. Ein Denken über das Bestehende hinaus. Für uns Grüne wäre das zB ein Waldkindergarten, wie wir ihn bereits am Anfang der Diskussion um die Kita Kaserne vorgeschlagen haben. Wir beharren darauf, dass dies eine gute Alternative ist und schlagen hiermit den Standort Grillhütte Königswäldchen vor. Bei den Details der Planung bieten wir gerne unsere Hilfe an!

7. Hürde Corona

Corona hält uns voneinander fern. Die finanziellen und sozialen Folgen werden wir alle in den nächsten Jahren spüren.

Corona zeigt aber auch, wie wichtig eine gesunde Lebensbasis ist. Regionale Produkte gewinnen an Bedeutung. Kurze Wege sind das Thema. Die Nachhaltigkeit wird auch vielen immer wichtiger. Hier müssen wir unseren Titel als Fairtrade Stadt viel mehr einbringen. Getreu dem Motto „think global, act local“ gilt es außerdem unsere regionalen Märkte (zB die Bauernmarkthalle) zu stärken!

Unser Alltag wird immer stressiger. Entschleunigung wird deshalb immer wichtiger. Hier sollte die Stadt einen Ankerplatz bieten. Ein entspannendes Einkaufen mit Orten zum Verweilen! Die Petersstraße hat uns gezeigt, wie es gehen kann. Vielfältig nutzbare und sich stetig wandelnde Räume machen unsere Stadt krisensicher und schaffen Lebensqualität. In der momentanen Diskussion reden wir weniger darüber, wie wir unsere Zukunft leben wollen, als darüber, wie wir den vorherigen Zustand wiederherstellen können. Ein Mix aus Begegnungsstätte, zum Shoppen, zum Flanieren, als Wohnort, Ausgehviertel und Kulturangebot. Mehr grün, weniger Stein, mehr Kinder, mehr Vielfalt. Das ist unser Wunsch! Ein Ort für alle! Wir müssen diesen Wandel nur wagen.

Generell gilt es jetzt mehr denn je trotz Abstandsgebot zusammen zu halten! Hier sollten wir sehen, dass nicht nur die Sportabteilung der Hürdenläufer Corona gut übersteht. Ein buntes Vereinsleben bietet die nötige Vielfalt, um unsere Zukunft auch weiterhin mit Sport, Kultur und Tradition zu schmücken. Das sollten wir im Blick haben und gegebenenfalls unterstützen. Kreativität, neue Wege und etwas Spontanität sind hierbei gefragt. Nur gemeinsam schaffen wir diese Hürde!“

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