Heiterer Michael verspricht schönen Herbst

Prüm · St. Michael kennt man von Abbildungen als den Erzengel mit dem flammenden Schwert. Bauern pflegten am Michaelistag am 29. September Feuer anzuzünden, um den Sommer zu verabschieden. Doch er ist auch ein bedeutsamer Wettertag.

 „Kommt Michael heiter und schön, wird es noch vier Wochen so weiter geh'n“: Gute Aussichten für einen sonnigen Oktober, denn heute soll es sommerlich warm werden. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

„Kommt Michael heiter und schön, wird es noch vier Wochen so weiter geh'n“: Gute Aussichten für einen sonnigen Oktober, denn heute soll es sommerlich warm werden. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Prüm. Am heutigen 29. September ist Michaelistag: der Gedenktag des aus der Bibel sehr bekannten Erzengels Michael. Seiner gedenken Katholiken genauso wie Protestanten.Dorf Geschichte(n)

Michael ist der Engel, der die Gott untreu gewordenen Engelgeister aus dem Himmel stürzte. Dargestellt wird er als "feuriger Fürst des Lichtes" in schimmernder Rüstung und mit einer Waage. Damit soll bildlich ausgedrückt werden, dass jener Engel am jüngsten Tag die Menschen nach ihren Taten wiegt und in gute und böse trennt. Doch im alltäglichen Leben der Bauern und in ihrem jährlichen Brauchtum spielte Michael eine andere bedeutsame Rolle. Dies besonders am Ende des Monats September - in der Woche, in der sich der kalendarische Wechsel vom Sommer- auf das Winterhalbjahr vollzieht. In vielen Orten wurden dereinst sogenannte "Michaelsfeuer" angezündet, mit denen der Sommer verabschiedet und der herannahende Herbst begrüßt wurde. Die Hochzeit der Ernte ist zu Ende, und es gilt sich auf den Winter vorzubereiten. Für Kinder und Jugendliche war deshalb der Michaelistag ein froher Tag, denn für sie hörte die harte Arbeit des Kühehütens auf. Sicher, das Vieh wurde immer noch auf die Wiesen getrieben. Doch nun galt die große Sorge nicht mehr aufzupassen, dass die Kühe nicht auf Nachbars Wiesen gingen. Die Felder waren abgeerntet: der zweite Grasschnitt, die Grummet eingefahren, die Rüben und Kartoffeln aus dem Boden. "Ab Mechelsdaach sinn die Wiesen op un alljemeen!", hieß es: die Wiesen waren frei und für jeden zugänglich, ab diesem Tag herrschte die Weidefreiheit. "Toll", freute sich der Schäfer. "Nun können meine Schafe die Wiesen und Felder stiefeln, gleich wo!" Das Gleiche galt für die "Säuerten" (Schweinehirten) und Küherten (Kuhhirten). Tag der Wetterbeobachtung

Für Naturverbundene ist der Michaelistag auch ein ganz entscheidender Tag der Wetterbeobachtung. Zahlreiche Bauernregeln ranken sich um diesen Los- und Wettertag. "Auf nassen Michaelstag ein nasser Herbst folgen mag", "Kommt Michael heiter und schön, wird es noch vier Wochen so weiter geh\'n" oder "Ist die Nacht vor Michaelis hell, folgt ein strenger und langer Winter schnell", lauten nur einige Regeln. "Michel zündet\'s Licht an", pflegten die Bauern zu sagen. In der elektrizitätslosen Zeit dachten sie mit unwohlen Gefühlen an die langen, dunklen und kalten Winternächte. Ausstehende Abgaben oder Zinszahlungen wurden geleistet, weswegen der Michaelstag als wichtiger Termin für Abrechnungen einst ziemlich gefürchtet war. "Michael mahnt und Martin zahlt", lautet ein altes deutsches Sprichwort. Manche wohlhabenderen Familien leisteten sich ein großes Festessen, zusammen mit dem Gesinde aus Haus und Hof, denn diese hatten dann frei. Erntedankfest mit Umzug

Die Freude über eine erfolgreiche Ernte war groß - sie sicherte den Bauern früherer Zeiten das Überleben. Daher feiert die Kirche am Sonntag nach dem Michaelstag das Erntedankfest. Bis heute ist es vielerorts noch lebendiger Brauch, ein zünftiges Erntefest oder einen Ernteumzug mit festlichen geschmückten Motivwagen zu feiern. Schutzherr der Deutschen

Der Erzengel Michael gilt übrigens auch als Schutzherr der Deutschen und ihres Reiches: Otto der Große (912-973) rief bei der Schlacht auf dem Lechfeld 955 den Erzengel um Hilfe für seine Krieger an. Michael half offenbar, denn Otto vernichtete die angreifenden Ungarn. Nicht zuletzt ist der Erzengel auch Namensgeber des "deutschen Michel", der im 18. Jahrhundert zum Symbol des verträumten Deutschen wurde, dargestellt mit Zipfelmütze und verschlafenen Augen. Bis heute ist der "Michel" für Ausländer das Bild eines gutmütigen Deutschen, so wie für uns beispielsweise "Marianne" für Frankreich steht und "John Bull" für England.

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