Heuen statt erholen
Vor 100 Jahren richteten sich die Termine von Schulferien in der Eifel nach dem Wetter und den anstehenden bäuerlichen Tätigkeiten. Die Kinder hatten in den Sommerferien in der Landwirtschaft zu helfen statt sich zu erholen.
Oberkail. Die Schulferien sind fester Bestandteil im Jahreslauf, auch wenn die Termine sich jährlich ändern und von Land zu Land verschieden sind. Vor allem sind die Ferientermine bereits mehrere Jahre im Voraus allen Beteiligten bekannt.
Vor genau 100 Jahren war das anders, wie einem Beschluss des Schulvorstandes der Volksschule Oberkail entnommen werden kann. Die Schulferien, besonders im Sommer und Herbst, richteten sich nach den örtlichen Erfordernissen und wurden jedes Jahr neu geregelt. Zudem wurden die Sommerferien als "Heuferien" bezeichnet.
Damals betrieb so gut wie jede Familie Landwirtschaft, sodass in den Sommermonaten die Heubergung und die Getreideernte im Vordergrund des dörflichen Lebens standen. Jedes Kind wurde in die Arbeiten mit eingespannt. An Urlaubsfahrten und auch an Ferien im Sinne von Erholung war nicht zu denken. Die Erholung bestand in der Mithilfe im elterlichen Bauernbetrieb.
Daher traf sich bereits am 24. Mai 1910 der Oberkailer Schulvorstand - es waren drei Eltern und der Dorflehrer - unter dem Vorsitz des Amtsbürgermeisters Buchholz und "verhandelte", wie es im Beschlussbuch heißt, den Termin für die Sommerferien. Wörtlich heißt es: "Der Schulvorstand beschließt bezüglich Festsetzung der Heuferien für die Gemeinde Oberkail: Die Zeit für die Ferien lässt sich vorher nicht bestimmen, wenn die Eltern einen Vorteil von den Kindern während der Heuernte haben wollen, da diese Ferien stets der Zeit der Heuernte und der Witterung angepasst werden müssen."
Aus diesen Gründen beschloss der Schulvorstand, dass die Festsetzung der Heuferien dem Herrn Landrat mit dem Herrn Lokalschulinspektor überlassen werden soll. Als Schulinspektor fungierte damals der Dorfgeistliche. Somit bestimmte der katholische Pfarrer maßgeblich den Termin der Sommerferien in der Volksschule.
Wann genau der Termin der Schulferien und der Heuernte dann tatsächlich war, ist nicht bekannt. Aber das Protokoll der Schulvorstandssitzung gibt einen Hinweis: "Im Allgemeinen wird die erste Hälfte des Monats Juli als die geeignetste Zeit anzusehen sein."
Zwei Jahre später traf der Oberkailer Schulvorstand eine andere Regelung. Er beschloss am 26. Juni 1912: "Der Beginn der Heuferien wird auf den 1. Juli festgesetzt mit der Maßgabe, dass bei etwa eintretendem Regenwetter der Ferienbeginn bis zum Eintritt günstiger Witterung aufgeschoben wird."