Historie der RAF wäre mit Internet anders verlaufen

Prüm · Deutschlands erster Terrorexperte Rolf Tophoven hat auf Einladung des Geschichtsvereins Prümer Land über die islamistische Terrorbedrohung in Deutschland gesprochen. Besonders die hervorragenden Strukturen des Islamischen Staats und die unendlichen Möglichkeiten des Internets machten den Kampf gegen den Terror schwer.

 Besonders die modernen Kommunikationsmöglichkeiten förderten laut Rolf Tophoven den Erfolg des islamistischen Terrors. TV-Foto: Frank Auffenberg

Besonders die modernen Kommunikationsmöglichkeiten förderten laut Rolf Tophoven den Erfolg des islamistischen Terrors. TV-Foto: Frank Auffenberg

Foto: Frank Auffenberg (aff), Frank Auffenberg ("TV-Upload Auffenberg"

Prüm. Paris, Brüssel, Madrid, Istanbul und natürlich die USA - die Welt ächzt seit mehr als zwei Jahrzehnten unter dem islamistischen Terror Al-Kaidas und des Islamischen Staats. Noch ist der Terror nicht nach Deutschland gekommen, doch laut dem Terrorexperten Rolf Tophoven darf sich die Republik nicht in Sicherheit wiegen und bequem zurücklehnen: "Die Sicherheitsbehörden sprechen von einer hohen abstrakten Gefährdung. Warum dieses Beamtendeutsch? Warum nicht einfach sagen: Ein Anschlag, wie der von Paris, ist bei uns nicht auszuschließen."
Auf Einladung des Geschichtsvereins Prümer Land referierte Tophoven vor 130 Gästen in der Kapelle im Prümer Konvikt in der Reihe "Brennpunkt Geschichte" über das Thema: "Der Terror eskaliert - Die weltweite Bedrohung durch den militant-islamistischen Terrorismus". Besonders die veränderten Kommunikationsmöglichkeiten der digitalen Revolution spielten den Extremisten des IS in die Hände: Elektronische Briefe werden in Echtzeit zugestellt, Nachrichten gehen in nur wenigen Augenblicken um die Welt.
Krieg gegen den Westen


"Wir müssen uns eins klar machen: Hätte die Rote Armee Fraktion über die Möglichkeiten verfügt, auf die Terroristen heute zugreifen können, wäre die RAF-Geschichte vielleicht anders verlaufen", sagt der Experte und Leiter des Essener Instituts für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik.
Zwei Faktoren hätten die rasante Renaissance des Dschihadismus, also des heiligen Krieges gegen die Ungläubigen, in diesem Fall gegen den "dekadenten" Westen, vorangetrieben. Zum einen sei der IS fast perfekt organisiert. "Er ging aus den Trümmern des Sadam-Regimes nach dem Irakkrieg hervor. Seine Hierarchie erinnert bis ins Detail an den Aufbau eines richtigen Staates."
Zum anderen gebe es mittlerweile das Internet: "Es ist ein virtueller Selbstbedienungsladen der Dschihadisten. Hier wird rekrutiert, hier werden die Finanzen geregelt." Ebenso seien im weltweiten Netz Bombenanleitungen zu finden und es gebe unendliche Möglichkeiten sich zu verstecken: "Ein Traum für jeden Terroristen."
Gleichzeitige Anschläge, wie der von Paris im November 2015, seien nur mit einer perfekten Kommunikation möglich, in einer bestens abgestimmten Gruppe. Es gebe immer noch einsame Wölfe, wie beispielsweise der Attentäter, der den niederländischen Künstler Theo van Gogh 2004 tötete, in der Regel.
Sie seien aber die Ausnahme: "Der Terror steht auf den Füßen eines stabilen Netzwerks." Das sei wiederum gespeist mit Rekruten aus der Mitte Europas. "Der Salafismus blüht und mit ihm auch der radikale Gewalt befürwortende."
Eine einfache Lösung gegen diese Problem gebe es nicht. "Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe." Junge Leute müssten davon abgehalten werden, rekrutiert zu werden, das könne nur ihr nahes Umfeld garantieren.
Und was ist mit einer konkreten Bedrohung? "Ich schrieb gerade in meinem Hotel ins Gästebuch: Prüm ist sicher und ich hoffe das ist auch so." Als er dasselbe einmal für Dinslaken behauptete, sei er bald eines besseren belehrt worden: "Kaum hatte ich gesagt, dass Dinslaken sicher sei, wurde eines der größten Terroristennester im Land in einem Vorort entdeckt. Ich hoffe aber, dass ich auf diesem soliden Eifelboden recht behalte." aff

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