Höhere Steuern für schöneren Fußball

Der Ortsgemeinderat Speicher entscheidet am Donnerstag über den Haushaltsplan. Ein Plan, der deutlich höhere Steuereinnahmen vorsieht und eine große Investition: Rund 330 000 Euro sind für einen Kunstrasenplatz eingestellt. Ob der tatsächlich gebaut werden kann, ist immer noch offen.

Speicher. Das, was im Töpferort Speicher gerade passiert, ist ein schönes Beispiel dafür, dass selbst die trockenste Kommunalpolitik alle etwas angeht. Zumindest alle Grundstücksbesitzer, alle Gewerbetreibenden, alle Bauern, alle Hundehalter, fast alle Mieter und auch alle, die gerne Fußball spielen. Also: sehr viele der 3000 Speicherer.

Die Geschichte beginnt auf dem kaputten Speicherer Sportplatz. Ein Platz, der im Sommer zu staubig ist, bei Regen zu nass und bei Stürzen zu hart. Deshalb hat der Ortsgemeinderat entschieden, den alten Hartplatz durch einen neuen Kunstrasenplatz zu ersetzen. Und zunächst sah alles ganz gut aus: Die Gemeinde hat eine Landesförderung beantragt, und da sie mit dem Projekt die Rangliste der zu sanierenden Sportstätten des Kreises anführt, stehen die Chancen gut, dass sie diese auch erhält. Im Rahmen des "goldenen Plans" soll der 713 000 Euro teure Umbau zu 40 Prozent, also mit 285 200 Euro gefördert werden. Der Sportverein will 100 000 Euro beisteuern. Bleiben also 327 800 Euro, die Speicher selbst aufbringen müsste. Was es nicht kann, denn Speicher ist mehr als pleite (siehe Extra). Daher ist der Ort auf einen Kredit angewiesen.

Verschuldete Kommunen müssen Steuern anheben



An solch einen Kredit heranzukommen, ist jedoch schwieriger als jemals zuvor. Denn die Kommunalaufsicht der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm hat die Bedingungen verschärft. Verschuldete Kommunen bekommen nur noch dann Geld für Investitionen, wenn sie ihre Realsteuern anheben - das heißt, wenn sie mehr Geld von ihren Bürgern und Gewerbetreibenden fordern (der TV berichtete).

Speicher hat inzwischen entschieden, das zu tun. Der Hebesatz für die Grundsteuer A (landwirtschaftliche Flächen) wurde von 310 auf 450 Prozent angehoben. Der für die Grundsteuer B (private Grundstücke) von 320 auf 450. Hausbesitzer werden daher künftig durchschnittlich 82 Euro mehr im Jahr zahlen, und da dies umgelegt werden kann, müssen wohl auch viele Mieter 2011 tiefer in die Tasche greifen. Der Gewerbesteuersatz wurde von 350 auf 380 Prozent erhöht. Eine Tatsache, die den Gewerbetreibenden natürlich nicht gefällt. "Niemand freut sich über eine Steuererhöhung", sagt Linda Gillessen vom Gewerbeverein Speicher. Andererseits sehe sie auch, dass die Gemeinde mit dem Rücken an der Wand stehe. "Ich habe Verständnis dafür, dass Speicher nach neuen Einnahmequellen sucht", sagt sie. Eine solche ist auch die Hundesteuer, die 2011 steigt: Der erste Hund kostet 50 Euro (vorher 37), der zweite 100 (74) und der dritte 150 (110).

Insgesamt rechnet der Ort mit Mehreinnahmen von 138 000 Euro. Diese Zahl fließt bereits in den Haushaltsplan 2011 ein, über den der Ortsgemeinderat am Donnerstag um 18 Uhr im Rathaus abstimmt. Ob die Kommunalaufsicht sich damit zufriedengibt, steht noch nicht fest. Sie hatte eine Grundsteuererhöhung auf 500 Prozent gefordert, die die Gemeinde auch zunächst zugesagt hatte. Auf Grundlage dieser Zusage hatte die Kommunalaufsicht den Antrag auf Landesförderung positiv bewertet und an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier weitergeleitet. Spannend wird es, wenn das Landesgeld eintrifft. Denn dann muss Speicher einen Kredit beantragen. Und seine Steuern womöglich erneut anheben, um ihn - und damit auch den Fußballplatz - tatsächlich zu bekommen. ExtraEckdaten des Speicherer Haushaltsplans, der am Donnerstag im Ortsgemeinderat zur Abstimmung steht: Die Gemeinde Speicher hat mehr als sieben Millionen Euro Schulden. 3,9 Millionen Euro hat sie als Kredite aufgenommen, um ihre Investitionen zu stemmen. 3,6 Millionen Euro sind hingegen Liquiditätskredite, die aufgenommen werden mussten, um die laufenden Kosten zu decken. Neben dem Sportplatz, der Speicher 327 800 Euro kosten soll, sind im Haushaltsplan 2011 nur zwei Investitionen vorgesehen: Arbeitsgeräte für den Bauhof (5000 Euro) und Arbeiten am Bahnhofsvorplatz (5000 Euro). Unterm Strich bleibt im Ergebnishaushalt 2011 ein Minus von 463 000 Euro. Dass es geringer ausfällt als 2010, liegt vor allem an den Steuererhöhungen, die bereits in das Zahlenwerk einfließen.

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