"Holtermänner" mit milder Gabe

PRÜM. Die "Holtermannplätzchen" waren vergangenen Sonntag in aller Munde. Ob nun nach dem Hochamt oder im Anschluss an den Kinderkreuzweg – der uralte Prümer Brauch lebte wieder auf.

"Das ist doch gar kein Plätzchen. Das ist ein Brötchen!", amüsiert sich eines der Kommunionkinder und hält seinen Fastenwecken, auch "Holtermannplätzchen" genannt, fest in der Hand. Es war eine Belohnung für die etwas mehr als 20 jungen Pilger, die am vergangenen Sonntag am Kinderkreuzweg in der Basilika teilnahmen. Aufgrund des kalten Wetters trafen sich die Kinder und ihre Eltern statt am Kalvarienberg in der Drei-Ärzte-Kapelle. Zusammen mit Pastor Robert Lürtzener erzählten die Kommunionkinder den Leidensweg Christi. Anschließend besichtigten sie noch kurz den Kreuzweg in der Basilika, bevor sie die Wecken erhielten. Der Name der Plätzchen stammt von den beiden biblischen Holtermännern Josef von Arimathäa und Nikodemus. Als Teil der Grablegungsgruppe Christi wollten sie weiße Leinentücher um den Leichnam wickeln. Eine Nachbildung dieser Szene kann man in der Basilika als 14. Station des Kreuzweges besichtigen. In diese "steinernen" Tücher der Holtermänner ("Holter" ist der Dialektausdruck für "Schüssel")legten Prümer Frauen bereits im 19. Jahrhundert Süßigkeiten für die Kinder. Später hat man diesen Brauch auf den vierten Fastensonntag beschränkt, in Anlehnung an die wundersame Brotvermehrung. An diesem "Plätzjesdag" pilgerten die kleinen Gläubigen zur Grablegungsgruppe in der Kapelle am Kalvarienberg und erhielten dort von den Holtermännern eine Belohnung. Diese Tradition fand jedoch unter dem Hitler-Regime ein jähes Ende. Zudem geschah noch die Explosionskatastrophe am Kalvarienberg im Jahre 1949, bei der halb Prüm in Schutt und Asche gelegt wurde. Die Grablegungsgruppe wurde dabei glücklicherweise nur wenig beschädigt, da sie zum Zeitpunkt des Unglücks in der Krypta der Kapelle stand. Nach der Explosion wurde sie im Südturm der Basilika provisorisch aufgestellt und findet nun ihren Platz im rechten Seitenschiff. Erst 1990 ließ Monika Rolef den Brauch des "Plätzjesdags" wieder aufleben. Ein alter Prümer Bäcker überlieferte das Rezept für die Holtermannplätzchen. Sie bestehen aus einfachen Zutaten wie Hefe, Mehl, Wasser, Zucker und Milch. "Es sind ja Fastenwecken", erklärt Monika Rolef. "Die müssen nicht mit Buttercreme gefüllt sein". Heutzutage übernimmt die Zubereitung der Plätzchen eine Bäckerei aus Winterspelt. Der "Plätzjesdag" 2005 war aber in vielerlei Hinsicht anders als in den Jahren zuvor. Zum einen wurde er wegen des bevorstehenden Konzerts in der Basilika um eine Woche vorverlegt. Zum anderen kommen dieses Jahr in Prüm ungewöhnlich wenige Kinder zur Kommunion. Nur 19 Grundschüler erhalten im Frühjahr das Sakrament. "Sonst hatten wir schon 40 bis 50 Kinder", erinnert sich Rolef. Zum ersten Mal "echte" Holtermänner

Aber vor allem eine Neuheit machte den "Plätzjesdag" diesmal besonders interessant. Zum ersten Mal innerhalb der schon lange bestehenden Traditionsveranstaltung traten "richtige" Holtermänner auf. Nach dem Sonntags-Hochamt standen Hans Schmitz und Wenny Endres vor der Kirche, als Holtermänner verkleidet. Sie boten den Gläubigen selbst gebackene Kekse an. Diese Attraktion lockte auch Urlauber aus der Eifel-Region zur Basilika. In den nächsten Jahren sollen die Holtermann-Auftritte zu einer festen Institution werden.

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